21.11.2024
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Urteil09.12.2008BundesfinanzhofVII R 47/07
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Bundesfinanzhof Urteil09.12.2008

Bankgeheimnis steht nicht generell Kontroll­mit­tei­lungen anlässlich einer Bankprüfung im Wege

Kontroll­mit­tei­lungen aus Anlass von Bankenprüfungen sind, wenn keine legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüften Konten oder Depots betroffen sind, nach § 194 Abs. 3 AO grundsätzlich ohne besonderen Anlass zulässig. Aus § 30 a Abs. 1 AO ergibt sich keine weitergehende Auswer­tungs­be­schränkung "im Bankenbereich". Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Mit Urteil vom 9. Dezember 2008 VII R 47/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) darüber befunden, ob anlässlich einer Außenprüfung des Finanzamts (FA) bei einem Kreditinstitut Kontrollmitteilungen an die Wohnsitz­fi­nan­zämter von Bankkunden erteilt werden dürfen, wenn die gewonnenen Erkenntnisse im Zusammenhang mit sog. legiti­mi­täts­ge­prüften Guthabenkonten oder Depots stehen. Dabei ging es um die Tragweite des Schutzbereichs des § 30 a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO), nach dessen Wortlaut solche Guthabenkonten oder Depots anlässlich einer Bankenprüfung "nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsmäßigen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden" dürfen (sog. Bankgeheimnis). Der VII. Senat des BFH hat nun entschieden, dass Kontroll­mit­tei­lungen anlässlich einer Bankenprüfung mit Bezug auf legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüfte Guthabenkonten oder Depots dann zulässig sind und gleichwohl den Kernbestand des Bankge­heim­nisses wahren, wenn sich ein unter Berück­sich­tigung des gesetzlichen Schutzes des sog. Bankge­heim­nisses zu bestimmender hinreichender Anlass für die "Nachprüfung der steuerlichen Verhältnisse" anhand der konkreten Ermittlungen im Einzelfall und der in vergleichbaren Prüfsituationen gewonnenen verall­ge­mei­ne­rungs­fähigen Erkenntnisse nachvollziehbar ergibt.

BFH hebt Urteil der Vorinstanz auf

Im Streitfall hatte das Finanzgericht (FG) beabsichtigte Kontroll­mit­tei­lungen für zulässig gehalten. Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur weiteren Prüfung zurückverwiesen. Der BFH konnte den Feststellungen des FG nicht entnehmen, welche Umstände den Prüfer im Einzelnen veranlasst hatten, die umstrittenen Kontroll­mit­tei­lungen zu fertigen. Anders als das FG hielt er es jedenfalls für nicht ausreichend, pauschal von hohen Schaden­s­er­satz­zah­lungen für Wertpa­pier­fehlkäufe auf nicht unerhebliches Kapitalvermögen und hieraus erzielte höhere Kapital­ein­nahmen als vom Steuer­pflichtigen angegeben zu schließen und dies damit zu untermauern, dass gerade im Bereich der Kapital­ein­künfte das Erklä­rungs­ver­halten vieler Steuer­pflichtiger alles andere als vorbildlich sei. Im zweiten Rechtsgang wird das FA Gelegenheit haben, die Kriterien darzulegen, die möglicherweise einen hinreichenden Anlass für die beabsichtigten Kontroll­mit­tei­lungen ergeben.

Bisher waren die BFH-Senate unter­schied­licher Auffassung in der nun entschiedenen Frage

Mit dem Urteil hat sich der VII. Senat einer früheren Entscheidung des VIII. Senats des BFH angeschlossen. In der Vergangenheit waren sich die Senate des BFH in der hier entschiedenen Frage nicht völlig einig. Übereinstimmung bestand zwar darin, dass Zufall­s­er­kenntnisse, die den Verdacht einer Steuer­ver­kürzung im Einzelfall begründen, auch hinsichtlich legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüfter Konten mitgeteilt werden dürfen, für den Regelfall, in dem die Mitteilungen nur der Gewinnung von Prüfmaterial für die Veranlagung dienen, gingen die Meinungen aber auseinander. Während der VIII. Senat § 30 a Abs. 3 AO dahin auslegte, dass auch solche Kontroll­mit­tei­lungen durch den Außenprüfer bei hinreichendem Anlass gefertigt und ausgeschrieben werden dürfen, war der VII. Senat --allerdings bei der bloß summarischen Prüfung in einem einstweiligen Rechts­schutz­ver­fahren, in dem unbeschadet entsprechender Zweifel von der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Norm auszugehen war-- der Auffassung, dass eine solche Auslegung eine ungerecht­fertigte Aushöhlung des Bankge­heim­nisses bedeute, da ein hinreichender Anlass Voraussetzung für jede Anfertigung von Kontroll­mit­tei­lungen sei. Wenigstens ein Kernbestand des Bankge­heim­nisses müsse gewahrt bleiben, solange die Norm vom Gesetzgeber trotz der geäußerten Zweifel an ihrer Verfas­sungs­mä­ßigkeit nicht aufgehoben und auch nicht für verfas­sungs­widrig erklärt worden ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/2009 des BFH vom 18.03.2009

der Leitsatz

1. Kontroll­mit­tei­lungen aus Anlass von Bankenprüfungen sind, wenn keine legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüften Konten oder Depots betroffen sind, nach § 194 Abs. 3 AO grundsätzlich ohne besonderen Anlass zulässig. Aus § 30 a Abs. 1 AO ergibt sich keine weitergehende Auswer­tungs­be­schränkung "im Bankenbereich".

2. Ein bankinternes Aufwandskonto ist kein legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüftes Konto i.S. des § 154 Abs. 2 AO. Buchungsbelege zu diesem Konto, die ein legiti­ma­ti­o­ns­ge­prüftes Konto oder Depot betreffen, fallen gleichwohl unter den Schutz des § 30 a Abs. 3 Satz 2 AO, weil sie notwen­di­gerweise auch zu diesem Kundenkonto gehören.

3. § 30 a Abs. 3 AO entfaltet auch im Rahmen nicht strafrechtlich veranlasster, typisch steuer­recht­licher Ermittlungen zur Gewinnung von Prüfmaterial für die Veranlagung keine "Sperrwirkung", wenn ein hinreichender Anlass für die Kontroll­mit­teilung besteht (Abgrenzung zum BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1997 VII B 40/97, BFH/NV 1998, 424).

4. "Hinreichend veranlasst" ist eine Kontroll­mit­teilung dann, wenn das zu prüfende Bankgeschäft Auffälligkeiten aufweist, die es aus dem Kreis der alltäglichen und banküblichen Geschäfte hervorheben oder eine für Steuer­hin­ter­ziehung besonders anfällige Art der Geschäfts­ab­wicklung erkennen lassen, die --mehr als es bei Kapital­ein­künften aus bei Banken geführten Konten und Depots stets zu besorgen ist-- dazu verlockt, solche Einkünfte dem FA zu verschweigen, wenn also eine erhöhte Wahrschein­lichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfälle besteht.

5. Der hinreichende Anlass für die "Nachprüfung der steuerlichen Verhältnisse" muss sich anhand der konkreten Ermittlungen im Einzelfall und der in vergleichbaren Prüfsituationen gewonnenen verall­ge­mei­ne­rungs­fähigen Erkenntnisse nachvollziehbar ergeben.

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