23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil23.09.2008

Haftung des Geschäfts­führers für Steuerausfälle auch in der Krise der GmbH

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH persönlich für die Abführung der Lohnsteuer auch bei Insolvenzreife der GmbH einstehen muss. Das Urteil bedeutet eine Fortentwicklung der bisherigen BFH-Rechtsprechung in Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs, nach der sich aus der Abführung der Lohnsteuer keine Haftung des Geschäfts­führers gegenüber der Gesellschaft ergibt.

Für Gesellschaften in der wirtschaft­lichen Krise stellt die Abführung der von ihren Arbeitnehmern einbehaltenen Lohnsteuern an das Finanzamt häufig ein existenzielles Problem dar. Zwar wird von einem Geschäftsführer erwartet, dass er den Lohnanteil, der auf die Steuer entfällt, bis zum nächsten Fällig­keits­zeitpunkt bereithält und dann abführt. In der Praxis aber gerät diese Steuerzahlung im Zuge sich verschärfender Liqui­di­täts­engpässe häufig gegenüber den zum Überleben des Betriebes vermeintlich vordringlichen Zahlungen ins Hintertreffen. Der Geschäftsführer gerät mit einer solchen Taktik allerdings in die Gefahr, vom Finanzamt für die beim Unternehmen nicht mehr realisierbare Steuer in Haftung genommen zu werden. Voraussetzung für die Haftung des Geschäfts­führers ist allerdings, dass ihm die Verletzung seiner Pflicht zur pünktlichen Lohnsteu­er­ab­führung zum Vorwurf gemacht werden kann.

Der Bundesfinanzhof hatte darüber zu befinden, ob einem Geschäftsführer der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden kann, der in einer plötzlichen, unvor­her­sehbaren Krise seiner GmbH am Fälligkeitstag der Lohnsteuer die dafür noch ausreichenden Mittel nicht an das Finanzamt abführt, sondern in der Annahme, damit der Steuerzahlung enthoben zu sein, beim Amtsgericht Antrag auf Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens stellt. Die Botschaft des Bundesfinanzhof ist eindeutig: Solange und soweit liquide Mittel zur Lohnsteu­er­zahlung vorhanden sind, muss der Geschäftsführer abführen. Erst die Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens bzw. die Bestellung eines Insol­venz­ver­walters enthebt ihn dieser Pflicht.

Dieser Fall bot dem obersten deutschen Steuergericht u.a. Gelegenheit, seine Rechtsprechung an die neuere Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs zur Haftung des Geschäfts­führers gegenüber seiner GmbH wegen Zahlungen - auch Steuerzahlungen - in insolvenzreifer Zeit anzupassen. Die scheinbar unausweichliche Haftung des Geschäfts­führers einer insolvenzreifen GmbH, der einerseits steuerrechtlich verpflichtet ist, die Lohnsteuer - auch in der Krise - abzuführen, andererseits aber im Falle der Zahlung in der Krise gegen das gesell­schafts­rechtliche Gebot der Massesicherung verstößt, hatte der Bundesfinanzhof zwischen­zeitlich dadurch entschärft, dass er für den 3-Wochen-Zeitraum zwischen Eintritt der Zahlungs­un­fä­higkeit und dem Antrag auf Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens dem Geschäftsführer eine Pflich­ten­kol­lision attestierte, die ihm vom Vorwurf der grob fahrlässigen Nichtabführung der Lohnsteuern und damit von der Haftung nach der Abgabenordnung befreite. Nachdem der BGH nun allerdings erkannt hat, dass die Lohnsteu­er­zahlung auch in insolvenzreifer Zeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar ist und damit nicht mehr zur Haftung gegenüber der GmbH führt, die ein Insol­venz­ver­walter gegebenenfalls durchsetzen würde, sieht der Bundesfinanzhof keine Pflich­ten­kol­lision mehr.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 123/08 des BFH vom 17.12.2008

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