21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil30.03.2010

Finanzamt kann vom Vollstre­ckungs­schuldner am eigenen Grundstück bestellten Dienstbarkeiten anfechtenVorgehen des Finanzamts bei Einräumen eines Nießbrauchs­rechts am eigenen Grundstück durch Vollstre­ckungs­schuldner zulässig

Bestellt sich ein Vollstre­ckungs­schuldner am eigenen Grundstück ein Nießbrauchs- oder Wohnrecht, kann das Finanzamt im Wege der Gläubi­ge­ran­fechtung vorgehen. Die Anfechtung bewirkt, dass das Finanzamt einen Anspruch auf Vorrang seiner Rechte bei der Zwangs­voll­streckung in das Grundstück geltend machen kann. Dies entschied das Bundes­fi­nanz­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte eine Vollstre­ckungs­schuldnerin mit ihren Kindern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet und dieser mehrere Grundstücke übertragen. In den notariellen Verträgen hatte sie sich jeweils den Nießbrauch bzw. ein Wohnrecht vorbehalten. Das Finanzamt focht die Grund­s­tücks­über­tra­gungen gegenüber der GbR an, zusätzlich aber – und nur darum ging es im Streitfall – auch gegenüber der Vollstre­ckungs­schuldnerin die Bestellung der zu ihren eigenen Gunsten bewirkten Dienstbarkeiten. Es sah eine ungerecht­fertigte Gläubi­ger­be­nach­tei­ligung darin, dass in der Zwangs­ver­stei­gerung der Grundstücke, die die GbR wegen der erfolgten Anfechtung dulden müsse, Nießbrauch und Wohnrecht zugunsten der Vollstre­ckungs­schuldnerin bestehen blieben, eine Zwangsvollstreckung in das Wohnrecht aber ausgeschlossen und die Verwertung des Nießbrauchs­rechts als solches wirtschaftlich uninteressant wäre. Der Zugriff auf den vor der Bestellung der Dienstbarkeiten bestehenden vollen Wert des unbelasteten Grundstücks wäre somit vereitelt.

Für sich selbst bestellte Rechte am eigenen Grundstück nicht anfechtungsfest

Der Bundesfinanzhof gab, anders als die Vorinstanz, dem Finanzamt Recht. Die zu entscheidende Rechtsfrage war, ob das Ausscheiden eines Gegenstandes aus dem Vermögen des Schuldners grundsätzlich Voraussetzung der Anfechtung einer Rechtshandlung ist. Denn nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften (§§ 3, 11 AnfG) muss dem Gläubiger das zur Verfügung gestellt werden, was durch eine anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners "veräußert, weggegeben oder aufgegeben" worden ist. Die Bestellung eines Teilrechts am eigenen Grundstück aber ist weder Veräußerung noch Weggabe oder Aufgabe aus dem Schuld­ner­vermögen. Der Bundesfinanzhof stellt nun klar, dass dieser Wortlaut nicht als Beschränkung der Anfech­tungs­rechte auf die genannten Arten der Vermö­gens­min­de­rungen verstanden werden darf, sondern dass es sich um eine nicht abschließende Auflistung von Vermö­gens­min­de­rungen handelt, die dazu dient, den Anspruch des Anfechtenden nach Art und Umfang auf das zu beschränken, was zur Wieder­her­stellung der früheren, durch die Vermö­gens­ver­schiebung vereitelten Zugriffslage für die Gläubiger erforderlich ist. Fazit: Für sich selbst bestellte Rechte am eigenen Grundstück sind nicht anfechtungsfest, wenn die Bestellung nach den gesamten Umständen in Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gungs­absicht erfolgt ist.

Quelle: ra-online, Bundesfinanzhof

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