Daraus folgte, dass die deutsche Regelung in § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG, die Steuerfreiheit nur für Umsätze in öffentlichen Spielbanken zuließ, gemeinschaftsrechtswidrig war.
"Private" Betreiber von Geldspielautomaten versuchten darauf hin, die gemeinschaftsrechtlich gebotene Steuerfreiheit für ihre Umsätze in vergangenen Jahren rückwirkend trotz bestandskräftiger Steuerfestsetzung zu erhalten.
Mehrere Revisionsverfahren zu dieser Frage kamen vor den Bundesfinanzhof. Dieser verneinte die Änderungsmöglichkeit.
Im Urteilsfall V R 67/05 griff eine GmbH, die Geldspielautomaten betrieb, die bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung für 1993 aus dem Jahr 1994 an. Nach dem o.g. Urteil des Europäischen Gerichtshofs legte sie im Jahr 2005 Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1993 ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie berief sich auf das EuGH-Urteil vom 25. Juli 1991 C 208/90 --Emmott--, demzufolge ein Mitgliedstaat, solange er eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe, sich nicht auf Bestandskraft einer Steuerfestsetzung berufen dürfe, wenn der Steuerpflichtige seinen richtlinienkonformen Anspruch geltend gemacht habe und die Geltendmachung des Anspruchs praktisch unzumutbar erschwert und versperrt gewesen sei.
Im Verfahren V R 51/05 legte eine Spielhallenbetreiber-GmbH im Jahr 2003 Einspruch gegen die bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide für 1985 bis 1996 und 1998 ein. Auch sie berief sich auf das o.g. Emmott-Urteil des Europäischen Gerichtshofs und machte geltend, der deutsche Gesetzgeber habe wider besseres Wissen die gemeinschaftsrechtswidrige Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG aufrechterhalten. Die Steuerfreiheit von Glücksspielumsätzen wäre bereits durch das Glawe-Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (Urteil vom 5. Mai 1994 C-38/93) festgestellt worden, wenn dieses Verfahren nicht gezielt in eine andere Richtung gesteuert worden wäre.
Der Bundesfinanzhof verneinte die rückwirkende Änderbarkeit der bestandskräftigen Steuerfestsetzungen. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Rechtsprechung seit dem Emmot-Urteil mehrfach klar gestellt, dass die Durchsetzung seiner Entscheidungen trotz bestandskräftiger Steuerfestsetzung nur in solchen Ausnahmefällen in Betracht komme, in denen die Nichteinhaltung der Klagefrist auf treuwidrigem Verhalten der Behörden beruhe. Grundsätzlich könne ein bestandskräftiger Verwaltungsakt zum Zweck der (rückwirkenden) Durchsetzung von günstigerem Gemeinschaftsrecht nur dann geändert werden, wenn das nationale Recht dies (aufgrund einer entsprechenden Änderungsvorschrift) zulasse. Grundsätzlich gehe die Rechtssicherheit vor, die mit der Bestandskraft einer Verwaltungsentscheidung eintrete, die nach Ablauf angemessener Klagefristen oder Erschöpfung des Rechtswegs eingetreten sei. In Übrigen könne --so der Bundesfinanzhof-- von einer vorsätzlichen Nichtumsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Befreiung nicht die Rede sein, weil bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs die Rechtslage ungeklärt gewesen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/07 des BFH vom 14.02.2007