Dokument-Nr. 3697
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Bundesfinanzhof Beschluss07.12.2006
Angezeigter Steuersünder hat keinen Anspruch auf Benennung des InformantenSteuergeheimnis und Persönlichkeitsrecht sind gegeneinander abzuwägen
Wer wegen Steuerverkürzung beim Finanzamt angezeigt worden ist, kann die Benennung des Informanten nicht verlangen, wenn die Information im Wesentlichen zutrifft. Dies hat nun der Bundesgerichtshof bestätigt.
Darf das Finanzamt die Identität eines Anzeigeerstatters gegenüber dem angezeigten Steuerbürger geheim halten? Regelmäßig ja, wenn der Informant im Wesentlichen die Wahrheit berichtet hat und sich daraus steuerliche Konsequenzen ergeben haben. Diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wurde bestätigt. Entscheidend ist jedoch immer eine genaue Abwägung im Einzelfall. Es stehen sich zwei wichtige Prinzipien gegenüber, die zum Ausgleich gebracht werden müssen: Einerseits das Persönlichkeitsrecht des Steuerbürgers, andererseits das Steuergeheimnis, dessen Zweck die möglichst vollständige Erschließung der Steuerquellen ist. Sagt der Informant die Unwahrheit, gebieten weder das Steuergeheimnis noch das Persönlichkeitsrecht des Anzeigeerstatters die Geheimhaltung seiner Identität und das Finanzamt kann dem verleumdeten Steuerbürger die Identität des Informanten - oder was davon bekannt ist - preisgeben.
Bei dieser Abwägung spielt das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes vom 5. September 2005 keine Rolle, weil im Bereich des Steuerrechts das Steuergeheimnis nach der Abgabenordnung vorrangig ist. Die Entscheidung eines Finanzamtes, die Identität des Anzeigeerstatters nicht preiszugeben, unterliegt seit dem 1. April 2005 ausschließlich der Kontrolle durch den Bundesfinanzhofs. So hoch schätzt der Gesetzgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Steuerbürger ein.
Siehe auch:
SG Aachen: Hat der wegen Leistungsmissbrauchs Angezeigte Anspruch auf Namensnennung des Anzeigenden?
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 09/07 des BFH vom 24.01.2007
der Leitsatz
AO 1977 § 30 Abs. 4
FGO § 71 Abs. 2, § 86 Abs. 1 und 3
IFG § 3 Nr. 4
1. Seit dem 1. April 2005 ist ausschließlich der BFH für eine gerichtliche Entscheidung darüber zuständig, ob die Weigerung des FA, einem Beteiligten Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren zu gewähren, rechtmäßig ist.
2. Hat das FG nach dem 31. März 2005 über einen Antrag eines Beteiligten auf Akteneinsicht entschieden, ist diese Entscheidung auf Beschwerde hin aufzuheben; der BFH trifft über die Frage der Akteneinsicht eine eigene Entscheidung.
3. Die Identität eines Anzeigeerstatters kann gegenüber dem Steuerpflichtigen dem Steuergeheimnis unterliegen; im Einzelfall ist eine Abwägung vorzunehmen. Dabei kommt dem Informantenschutz regelmäßig ein höheres Gewicht gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen zu, wenn sich die vertraulich mitgeteilten Informationen im Wesentlichen als zutreffend erweisen und zu Steuernachforderungen führen (Bestätigung der Rechtsprechung).
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