21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil10.05.2007

BFH: Künstliche Befruchtung auch für unverheiratete Frauen steuerlich absetzbarÄnderung der Rechtsprechung

Unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof die Aufwendungen einer unverheirateten Frau für künstliche Befruchtungen mit dem Samen ihres Lebenspartners zum Abzug als außer­ge­wöhnliche Belastung nach § 33 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) zugelassen.

Die seit zwölf Jahren in einer nichtehelichen Partnerschaft lebende Klägerin hatte im Jahr 1999 fast 24 000 DM aufgewendet für Maßnahmen zur Steri­li­täts­be­handlung durch sog. In-vitro-Fertilisation - IVF - (Vereinigung einer Eizelle mit einer Samenzelle außerhalb des Körpers) und anschließenden Embryotransfer - ET - (Einführung des Embryos in die Gebärmutter). Die "Ständige Kommission In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer" der zuständigen Ärztekammer hatte eine Steri­li­täts­be­handlung "mittels IVF/ET" befürwortet. Die gesetzliche Krankenkasse übernahm die Kosten nicht, da nach § 27 a Abs. 1 Nr. 3 des Fünften Sozial­ge­setz­buches (SGB V) nur miteinander verheiratete Personen Anspruch auf Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft haben. Diese Beschränkung ist, wie das Bundes­ver­fas­sungs­gericht im Februar entschieden hat, verfas­sungsgemäß. Einen Abzug der Aufwendungen als außer­ge­wöhnliche Belastung lehnte das Finanzamt ab.

Der Bundesfinanzhof hatte bisher Aufwendungen einer nicht verheirateten, empfäng­ni­s­un­fähigen Frau für Steri­li­täts­be­hand­lungen durch IVF auch dann nicht als außer­ge­wöhnliche Belastung berücksichtigt, wenn sie in einer festen Partnerschaft lebte (vgl. BFH, Urteil v. 28.07.2005 - III R 30/03 -). Davon ist der Bundesfinanzhof jetzt abgerückt. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Empfäng­ni­s­un­fä­higkeit einer Frau unabhängig von ihrem Familienstand eine Krankheit sei. Die Empfäng­ni­s­un­fä­higkeit werde durch die künstliche Befruchtung zwar nicht behoben, sondern nur umgangen. Die steuerliche Abziehbarkeit setze aber keine Heilung voraus, sondern lasse es genügen, wenn Aufwendungen die Krankheit erträglicher machten, wie dies z.B. bei Aufwendungen für Zahnersatz, Brillen, Prothesen oder Rollstühle anerkannt sei. Auch die für verheiratete Frauen möglicherweise intensivere Zwangslage oder Interessen des Kindeswohls, dem es am besten entspreche, wenn die Eltern miteinander verheiratet seien, rechtfertigten es nicht, den steuerlichen Abzug der Aufwendungen zu versagen. Die Aufwendungen seien zu berücksichtigen, soweit die Maßnahmen zur Steri­li­täts­be­handlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen würden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 75/07 des BFH vom 05.09.2007

der Leitsatz

Aufwendungen einer nicht verheirateten empfäng­ni­s­un­fähigen Frau für Maßnahmen zur Steri­li­täts­be­handlung durch sog. In-vitro-Fertilisation sind als außer­ge­wöhnliche Belastung abziehbar, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden (Änderung der Rechtsprechung).

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