Kosten für die Herbeiführung einer Schwangerschaft bei einer empfängnisunfähigen Frau durch sog. In-vitro-Fertilisationen werden nach dem Recht der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung sowie nach beihilferechtlichen Vorschriften zwar in bestimmtem Umfang übernommen, aber nur bei verheirateten Frauen und nur, wenn für die künstliche Befruchtungen Eizellen und Samen des Ehepaares verwendet werden. Bei nicht verheirateten, empfängnisunfähigen Frauen dürfen In-vitro-Fertilisationen nach den Berufsordnungen der Landesärztekammern zwar durchgeführt werden, wenn die Frau in einer stabilen Partnerschaft lebt und die bei der jeweiligen Ärztekammer eingerichtete Kommission die künstliche Befruchtung genehmigt hat, die Kosten werden aber nicht erstattet.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 28. Juli 2005 III R 30/03 handelt es sich bei den Kosten einer empfängnisunfähigen Frau für künstliche Befruchtungen nicht um unmittelbare Heilbehandlungsmaßnahmen, die typisierend als außergewöhnliche Belastung i.S. § 33 des Einkommensteuergesetzes anzusehen seien. Bei verheirateten Frauen sei es jedoch gerechtfertigt, nicht erstattete Aufwendungen für künstliche Befruchtungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen, weil die Ehe und die in gemeinsamer Verantwortung getroffene Entscheidung des Ehepaares für gemeinsame Kinder nach Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stünden und weil die Aufwendungen auch nach Krankenversicherungs- und Beihilferecht weitgehend übernommen würden.
Dagegen hält der BFH in Übereinstimmung mit den Vorschriften im Krankenversicherungs- und Beihilferecht die Aufwendungen einer empfängnisunfähigen, in fester Partnerschaft lebenden Frau für In-vitro-Fertilisationen nicht für abziehbar. Aus der Verfassung lasse sich nicht ableiten, dass Aufwendungen, die nichtehelichen Lebensgemeinschaften für künstliche Befruchtungen entstünden, ebenfalls als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden müssten. Bei der Entscheidung sei auch die in der Gesellschaft vorherrschende Auffassung zu berücksichtigen, dass das Wohl des Kindes in einer Ehe eher gewährleistet sei als in einer festen Partnerschaft.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.10.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 35/05 des BFH vom 19.10.2005