Dokument-Nr. 24913
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- FamRZ 2017, 1532Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2017, Seite: 1532
- Finanzgericht München, Urteil14.12.2015, 7 K 18/15
Bundesfinanzhof Urteil22.02.2017
BFH: Anspruch auf Kindergeld bei Teilnahme an Studienprogramm im Ausland mit Unterricht in fremder SpracheBerufsausbildung zum Erwerb von Sprachfertigkeiten begründet Anspruch auf Kindergeld
Ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das volljährige, aber noch nicht 25 Jahre alte Kind für einen Beruf ausgebildet wird (vgl. § 32 Abs. 4 Nr. 2a des Einkommenssteuergesetzes - EStG). Zur Berufsausbildung gehört grundsätzlich der Erwerb von Sprachfertigkeiten. Daher ist die Teilnahme an einem Studienprogramm im Ausland, das einen fortlaufenden theoretisch-systematischen Unterricht in fremder Sprache umfasst, als Berufsausbildung zu werten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein 18-jähriger Abiturient nahm zwischen September 2014 bis Oktober 2015 an einem internationalen missionarischen Trainingsprogramm in den USA teil. Das Programm wurde von einer Organisation veranstaltet, welches sich als internationale Bewegung junger Christen verstand. Das Programm umfasste Unterricht und Lernkontrollen zum christlichen Glauben sowie biblischen Wissen in englischer Sprache. Zudem sollte der Charakter und die Persönlichkeit gestärkt sowie die Begabungen ausgelotet werden. Der Abiturient beabsichtigte nach dem Auslandsaufenthalt die Aufnahme eines Studiums der Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School in Hamburg, wozu die Teilnahme an einem englischen Sprachtest erforderlich war. Die Familienkasse stellte für den Zeitraum der Teilnahme am Programm die Zahlung des Kindergelds ein. Die Mutter des Kindes war damit nicht einverstanden und erhob nach erfolglosem Einspruch Klage.
Finanzgericht wies Klage ab
Das Finanzgericht München wies die Klage ab und verneinte somit einen Anspruch auf Kindergeld. Der Auslandsaufenthalt habe trotz der verbesserten englischen Sprachkenntnisse nicht der Berufsausbildung gedient. Denn das Kursprogramm habe keinen theoretischen-systematischen Sprachunterricht umfasst, der den Schluss auf eine hinreichend gründliche Sprachausbildung rechtfertigen würde. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Revision ein.
Bundesfinanzhof bejaht Anspruch auf Kindergeld
Der Bundesfinanzhof entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung des Finanzgerichts auf. Für ein volljähriges, aber noch nicht 25 Jahre altes Kind bestehe Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet werde (vgl. § 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG). Zur Berufsausbildung gehöre grundsätzlich auch der Erwerb von Sprachfertigkeiten. Danach seien Sprachaufenthalte im Ausland als Berufsausbildung anzuerkennen, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse einen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen und dieser nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibe. Vielmehr müssen Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel vorgegeben sein. Dies sei hier der Fall gewesen.
Teilnahme an Studienprogramm im Ausland mit fremdsprachigem Unterricht dient Berufsausbildung
Die Teilnahme an dem Studienprogramm habe nach Ansicht des Bundesfinanzhofs der Berufsausbildung gedient. Denn für die Aufnahme an der Bucerius Law School sei die erfolgreiche Teilnahme an einem englischen Sprachtest erforderlich gewesen. Es habe daher einen konkreten Bezug zwischen der Verbesserung der Sprachkenntnisse durch den Auslandsaufenthalt und dem angestrebten Beruf bestanden. Der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse sei angesichts dessen, das ein fortlaufender theoretisch-systematischer Unterricht in englischer Sprache mitsamt von Lernkontrollen stattfand, auch nicht dem Kind überlassen worden. Es sei insofern unzutreffend, das Absolvieren eines speziellen Sprachkurses für Ausländer zu fordern.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.09.2017
Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (vt/rb)
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