15.11.2024
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Dokument-Nr. 784

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Bundesfinanzhof Urteil03.03.2005

Wählt ein Ehegatte die getrennte Veranlagung führt dies zur getrennten Veranlagung auch beim anderen Ehegatten

Eheleute können bei der Einkom­mens­be­steuerung zwischen der Zusam­men­ver­an­lagung (§ 26 b des Einkom­men­steu­er­ge­setzes --EStG--) und der getrennten Veranlagung (§ 26 a EStG) wählen. Sie können die getroffene Wahl auch widerrufen, solange der Einkom­men­steu­er­be­scheid noch anfechtbar ist.

Ändert das Finanzamt (FA) einen Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid, kann jeder der Ehegatten bis zur Unanfecht­barkeit des Änderungs­be­scheids statt der Zusam­men­ver­an­lagung die getrennte Veranlagung beantragen, sofern der Antrag nicht ausnahmsweise rechts­miss­bräuchlich ist.

Eheleute können nur einheitlich --entweder zusammen oder getrennt-- veranlagt werden. Entscheidet sich einer der Ehegatten nach einer bereits durchgeführten Zusam­men­ver­an­lagung zulässigerweise für die getrennte Veranlagung, ist nach dem Bundesfinanzhof-Urteil (BFH) vom 3. März 2005 III R 22/02 auch für den anderen Ehegatten eine getrennte Veranlagung durchführen, selbst wenn der Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid ihm gegenüber bestandskräftig geworden und die Festset­zungsfrist bereits abgelaufen ist.

Im entschiedenen Fall hatte das FA den Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid für das Jahr 1985 im Jahr 1992 zugunsten der Eheleute geändert. Aufgrund des Antrags der Ehefrau auf getrennte Veranlagung führte das FA für beide Eheleute anstelle der Zusam­men­ver­an­lagung getrennte Veranlagungen durch. Der Ehemann wendete dagegen ein, die Festset­zungsfrist sei Ende 1992 abgelaufen. Das FA habe daher im Jahr 1993 ihm gegenüber den Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid nicht mehr aufheben und eine getrennte Veranlagung durchführen dürfen.

Nach dem Urteil des BFH ergibt sich die Befugnis des FA zur Aufhebung des bestands­kräftigen Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheids aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--. Danach hat das FA einen Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Nach Auffassung des BFH ist der Antrag auf getrennte Veranlagung ein Ereignis, das auf den Veran­la­gungs­zeitraum zurückwirkt. Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 wurde daher die vierjährige Festset­zungsfrist mit Ablauf Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis (der Antrag auf getrennte Veranlagung) eingetreten ist, erneut in Lauf gesetzt, so dass das FA berechtigt und verpflichtet war, den dem Kläger gegenüber ergangenen Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid aufzuheben und einen Bescheid über die getrennte Veranlagung zu erlassen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 26/05 des BFH vom 27.07.2005

der Leitsatz

Wurden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und wählt ein Ehegatte vor Bestandskraft des ihm gegenüber ergangenen Bescheids die getrennte Veranlagung, sind die Ehegatten auch dann getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn der gegenüber dem anderen Ehegatten ergangene Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid bereits bestandskräftig geworden ist. Der Antrag auf getrennte Veranlagung stellt hinsichtlich des gegenüber dem anderen Ehegatten ergangenen Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheids ein rückwirkendes Ereignis dar. Die dementsprechend erneut in Lauf gesetzte Festset­zungsfrist beginnt ihm gegenüber mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt wird.

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