18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 7495

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Urteil19.11.2008

Arbeitslose behinderte Kinder über 21 haben Anspruch auf KindergeldBehinderung muss nicht alleinige Ursache für die Arbeits­lo­sigkeit sein

Ein über 21 Jahre altes behindertes Kind, das arbeitslos ist und deshalb nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, ist Kindergeld zu gewähren, wenn die Behinderung in erheblichem Umfang mitursächlich für die Arbeits­lo­sigkeit ist. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Für ein volljähriges arbeitsloses Kind, das bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet ist, besteht bis zum 21. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld. Hat es das 21. Lebensjahr vollendet, entfällt der Anspruch, es sei denn, das Kind ist aufgrund einer Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten. Im Streitfall nahm das 1982 geborene, schwerhörige Kind (Grad der Behinderung 60, Merkzeichen RF) nach Beendigung der Sonderschule an verschiedenen Lehrgängen eines Kollegs für Hörgeschädigte sowie an weiteren Berufs­vor­be­rei­tungs­maß­nahmen für Behinderte teil. Anschließend meldete es sich arbeitslos und erhielt Arbeits­lo­sengeld II. Seit August 2005 wird es bei der Berufsberatung nicht mehr als Bewerber für eine berufliche Ausbil­dungs­stelle geführt. Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld ab September 2005 ab, weil das Kind trotz seiner Behinderung in der Lage sei, mit einer Arbeitszeit von 15 Stunden in der Woche für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

Behinderung muss nicht alleinige Ursache für die Arbeits­lo­sigkeit sein

Der Bundesfinanzhof war wie das Finanzgericht (FG) der Auffassung, die Behinderung müsse nicht alleinige Ursache dafür sein, dass das Kind seinen Lebensunterhalt nicht durch eigene Arbeit verdienen könne. Eine erhebliche Mitur­säch­lichkeit reiche aus. Ein wichtiges Indiz sei der Grad der Behinderung. Könne die Agentur für Arbeit überhaupt keine Stellen vermitteln, könne dies ebenfalls für eine erhebliche Mitur­säch­lichkeit sprechen. Die Entscheidung, ob die Behinderung in erheblichem Umfang mitursächlich für die Arbeits­lo­sigkeit sei, habe das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung der Umstände des einzelnen Falles zu treffen, die vom Bundesfinanzhof nur eingeschränkt überprüfbar sei. Im Streitfall hatte das FG entschieden, das Kind habe aufgrund seiner frühkindlichen Hirnschädigung und seiner Schwerhörigkeit trotz der Arbeits­fä­higkeit von 15 Stunden wöchentlich keine oder nur geringe Vermitt­lung­s­chancen auf dem Arbeitsmarkt, so dass Kindergeld zu gewähren sei. Diese Würdigung war nach Ansicht des Bundes­fi­nanzhofs revisi­ons­rechtlich nicht zu beanstanden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 19/09 des BFH vom 25.02.2009

der Leitsatz

1. Eine Mitur­säch­lichkeit der Behinderung des Kindes für seine mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt genügt für den Kinder­geldan­spruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich aber, dass die Mitur­säch­lichkeit erheblich sein muss.

2. Die Entscheidung, ob eine erhebliche Mitur­säch­lichkeit vorliegt, hat das FG im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffen, die vom BFH nur eingeschränkt überprüfbar ist.

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil7495

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI