23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil22.08.2007

Dauerverluste kommunaler Eigenbetriebe sind steuerpflichtig

Es liegt seit geraumer Zeit "im Trend", dass Städte und Gemeinden ihre Betriebe der Daseinsvorsorge, wenn diese Dauerverluste erleiden, in selbständige Kapital­ge­sell­schaften "auslagern". Betroffen sind hiervon z.B. kommunale Bäderbetriebe oder Büchereien. Oftmals werden in solche Kapital­ge­sell­schaften zugleich Anteile an gewinn­trächtigen Betrieben eingelegt, so dass sich die Verluste und Gewinne ausgleichen. Man spricht hier von kommunaler "Querfi­nan­zierung".

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass solche Querfi­nan­zie­rungen aus steuerlicher Sicht nicht zu beanstanden sind. Allerdings zieht die Hinnahme von Dauerverlusten ohne Verlu­s­t­aus­gleich und ggf. Gewinnauf­schlägen bei den Kapital­ge­sell­schaften regelmäßig verdeckte Gewin­n­aus­schüt­tungen (vGA) und damit eine entsprechende Belastung mit Körper­schaft­steuer- und Gewerbesteuer nach sich. Denn die Übernahme der Verluste erfolgt im Interesse der Städte und Gemeinden als Gesell­schaf­te­rinnen; diesen werden durch die Kapital­ge­sell­schaften in Gestalt des ersparten Aufwands gesell­schaftlich veranlasste Vorteile zugewendet. Die mit der Privatisierung erhofften Kostenvorteile, insbesondere die Entlastung der kommunalen Haushalte sowie die Verbilligung von Eintritts­ge­bühren, werden infolgedessen teilweise zunichte gemacht.

Im konkreten Fall ging es um eine kommunale Holding-GmbH, die alleinige Anteilseignerin eines in eine GmbH ausgelagerten dauer­de­fi­zitären kommunalen Bäderbetriebs sowie einer mit Gewinn arbeitenden kommunalen Wohnungsbau-GmbH war und mit beiden Tochter­ge­sell­schaften jeweils ein Organ­schafts­ver­hältnis begründet hatte. Nach Meinung des Bundes­fi­nanzhofs liegt in einer solchen Gestaltung zwar regelmäßig kein Gestal­tungs­miss­brauch i.S. des § 42 Abs. 1 AO. Jedoch ist der im Rahmen des Ergeb­ni­s­ab­füh­rungs­vertrags zu übernehmende Verlust der dauer­de­fi­zitären Gesellschaft steuerlich als vGA zu behandeln, die von der Holding-GmbH an die Gemeinde als Träger­kör­per­schaft weitergeleitet wird, und zwar ohne mit den ebenfalls abzuführenden Gewinnen der weiteren Eigen­ge­sell­schaft verrechnet und um diese gemindert zu werden.

Zugleich hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil klargestellt, dass er auch unter der Geltung des sog. Halbein­künf­te­ver­fahrens an seiner ständigen Rechtsprechung festhält, nach der eine Kapital­ge­sell­schaft über keine außer­be­triebliche Sphäre verfügt und durch das Gesell­schafts­ver­hältnis (mit-)veranlasste verlust­bringende Aktivitäten unter den Voraussetzungen einer einkom­men­steu­er­recht­lichen sog. Liebhaberei eine vGA auslösen können.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 93/07 des BFH vom 24.10.2007

der Leitsatz

1. Die Begründung einer Organschaft zwischen verschiedenen kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer GmbH als Organ­ge­sell­schaften und einer kommunalen Holding-GmbH als Organträgerin ist grundsätzlich nicht als missbräuchliche Gestaltung i.S. von § 42 Abs. 1 AO anzusehen (Anschluss an das Senatsurteil vom 14. Juli 2004 I R 9/03, BFHE 207, 142).

2. Der Senat hält auch unter der Geltung des sog. Halbein­künf­te­ver­fahrens daran fest, dass eine Kapital­ge­sell­schaft aus körper­schaft­steu­er­licher Sicht über keine außer­be­triebliche Sphäre verfügt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung seit Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, BFHE 182, 123).

3. Das Unterhalten eines strukturell dauer­de­fi­zitären kommunalen Eigenbetriebes in der Rechtsform einer GmbH (hier: das Unterhalten eines Bäderbetriebs) ohne Verlu­s­t­aus­gleich und ggf. ohne angemessenen Gewinnaufschlag durch die Gesell­schafterin (Träger­kör­per­schaft) führt regelmäßig zur Annahme einer vGA (Bestätigung des Senatsurteils vom 14. Juli 2004 I R 9/03, BFHE 207, 142).

4. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einer Organ­ge­sell­schaft darf den Gesellschaftern auch dann keine Vermö­gens­vorteile zuwenden, wenn seine Handlungsweise für den Organträger von Vorteil wäre. Der Vorteils­aus­gleich muss sich zwischen der Kapital­ge­sell­schaft und ihrem Gesellschafter vollziehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. August 1984 I R 99/80, BFHE 142, 123, BStBl II 1985, 18).

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