18.10.2024
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Dokument-Nr. 4048

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Bundesarbeitsgericht Urteil03.04.2007

BAG zur Diskriminierung wegen Behinderung vor Inkrafttreten des Antidis­kri­mi­nie­rungs­ge­setzes

Das in § 81 Abs. 2 SGB IX in der bis 17. August 2006 geltenden Fassung enthaltene Diskri­mi­nie­rungs­verbot schützt nur schwer­be­hinderte Beschäftigte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, (§§ 2 Abs. 2, 68 Abs. 1 SGB IX) sowie Gleichgestellte (§§ 2 Abs. 3, 68 Abs. 1 SGB IX). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erfasst der Begriff „Behinderung“ iSd. Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleich­be­handlung in Beschäftigung und Beruf dagegen jede Einschränkung, die auf physische, geistige oder psychische Beein­träch­ti­gungen zurückzuführen ist und die ein länger andauerndes Hindernis für die Teilhabe am Berufsleben bildet. § 81 Abs. 2 SGB IX war bis zum Inkrafttreten des AGG daher europa­rechts­konform anzuwenden.

In dem vom Bundes­a­r­beits­gericht entschiedenen Rechtsstreit hatte die Klägerin eine Umschulung zur Indus­trie­kauffrau absolviert. Das Versorgungsamt stellte Anfang 1994 wegen der bei ihr bestehenden Neurodermitis einen Grad der Behinderung von 40 fest. Einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwer­be­hin­derten Menschen hat die Klägerin nicht gestellt. In den Jahren 1995 bis 2003 stand sie in einem Arbeits­ver­hältnis. In dieser Zeit war sie wegen Neurodermitis nicht arbeitsunfähig erkrankt. Im Oktober 2003 bewarb sich die Klägerin beim beklagten Land als Angestellte für den Bereich der Parkraum­be­wirt­schaftung. An den Anstel­lungs­prü­fungen nahm sie mit Erfolg teil. Bei der sich anschließenden ärztlichen Untersuchung legte sie den Bescheid des Versor­gung­samtes vor. Darauf teilte das beklagte Land ihr mit, dass sie wegen Neurodermitis für die Tätigkeit nicht geeignet und ihre Bewerbung deshalb erfolglos sei.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine Entschädigung auf Grund der Benachteiligung wegen ihrer Behinderung verlangt. Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Entschädigung in Höhe von 12.000 Euro verurteilt. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Klage abgewiesen.

Der Senat hat das Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts aufgehoben und die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Im Gegensatz zum Landes­a­r­beits­gericht geht der Senat davon aus, dass die Richtlinie im Hinblick auf das Merkmal „Behinderung“ bis zum 18. August 2006 nicht umgesetzt war. Das Landes­a­r­beits­gericht wird zu entscheiden haben, ob das beklagte Land darlegen und beweisen kann, dass eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende Anforderung für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Parkraum­be­wirt­schaftung ist und dass diese Voraussetzungen bei der Klägerin nicht vorliegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/07 des BAG vom 03.04.2007

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