Bundesarbeitsgericht Urteil01.03.2022
Keine Rückzahlungspflicht der Fortbildungskosten bei Kündigung wegen unverschuldeter Unmöglichkeit der Erbringung der ArbeitsleistungUnwirksamkeit der Rückzahlungsklausel
Nimmt eine Klausel zur Rückzahlungspflicht der Fortbildungskosten für den Fall der Arbeitnehmerkündigung nicht den Fall heraus, dass der Arbeitnehmer wegen unverschuldeter Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung kündigt, so ist die Klausel insgesamt unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2019 hatte eine in einer Reha-Klinik in Unterfranken beschäftigte Altenpflegerin eine Fortbildung beendet. Da sie bereits im November 2019 das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, verlangte die Arbeitgeberin die anteilige Erstattung der Fortbildungskosten. Sie verwies zur Begründung auf den Fortbildungsvertrag. Danach hatte sich die Arbeitnehmerin zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für mindestens sechs Monate nach Ende der Fortbildung verpflichtet. Sollte sie vorher kündigen, ohne dass dies von der Arbeitgeberin zu verschulden war, hatte sich die Arbeitnehmerin zur anteiligen Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Da die Arbeitgeberin die Eigenkündigung der Arbeitnehmerin nicht zu verschulden hatte, klagte sie auf anteilige Rückzahlung der Fortbildungskosten.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen Klage ab
Sowohl das Arbeitsgericht Würzburg als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg wiesen die Klage ab. Dagegen richtete sich die Revision der Klägerin.
Bundesarbeitsgericht hält Rückzahlungsklausel für unwirksam
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf anteilige Rückzahlung der Fortbildungskosten zu, da die entsprechende Klausel im Fortbildungsvertrag unwirksam sei. Eine Rückzahlungsklausel sei unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsfrist kündigt, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet, obwohl es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Kündigung wegen unverschuldeter Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung
Ist der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleitung zu erbringen, sei der arbeitsvertraglich vorgesehene Leistungsaustausch nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht nicht mehr möglich. Damit könne der Arbeitgeber unabhängig von der Kündigung des Arbeitnehmers dessen Qualifikation bis zum Ablauf der Bindungsdauer nicht nutzen. An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren und damit sinnentleerten Arbeitsverhältnisses bestehe in der Regel kein billigenswertes Interesse. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiert, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2025
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)