15.11.2024
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Dokument-Nr. 9989

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Bundesarbeitsgericht Urteil22.07.2010

Notarielles Schuld­a­n­er­kenntnis bei eingeräumten Unter­schla­gungen kann nicht im nachhinein angefochten werdenArbeitnehmer unterschlägt im Laufe von vier Jahren über 110.000 Euro

Ein Arbeitnehmer, der zugibt, im Arbeits­ver­hältnis Unter­schla­gungen begangen zu haben und vor einem Notar ein Schuld­a­n­er­kenntnis unterzeichnet, kann gegen dessen Wirksamkeit grundsätzlich nicht mit Erfolg einwenden, dass die Methoden zu seiner Überführung unzulässig gewesen seien. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist bei der Beklagten zum Einzel­han­dels­kaufmann ausgebildet worden. Danach war er vier Jahre lang bei ihr als Verkäufer im Getränkemarkt beschäftigt. Nachdem durch Inventuren erhebliche Fehlbestände an Leergut aufgefallen waren, nahm die Beklagte Langzeit­aus­wer­tungen vor und installierte Ende Juni 2006 eine für den Kläger nicht erkennbare Videokamera über seinem Arbeitsplatz an der Getränkemarkt-Kasse. Nach Darstellung der Beklagten ergab die Videoauswertung Unter­schla­gungen des Klägers binnen dreier Arbeitstage in Höhe von 1.120 Euro. Die Kasse­n­aus­wertung ergab für zwei Monate einen Schaden von über 10.000 Euro. Damit wurde der Kläger Ende Juli 2006 im Beisein der Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden konfrontiert. Er gab zu, seit vier Jahren regelmäßig Geld genommen und dies mit fingierten Pfandbonzetteln verdeckt zu haben. Nach anfänglich kleinen täglichen Beträgen, die nicht aufgefallen seien, habe er zeitweise zwischen 500 Euro und 600 Euro täglich entnommen. Der Kläger bestätigte handschriftlich, innerhalb von vier Jahren einen Gesamtschaden von wenigstens 110.000 Euro verursacht zu haben. Später fuhr man zu einem Notar in die benachbarte Großstadt M. Dort unterzeichnete der Kläger ein vom Notar formuliertes Schuldanerkenntnis wegen von ihm begangener vorsätzlicher unerlaubter Handlungen in Höhe von 113.750 Euro zuzüglich Zinsen. Ihm wurde eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 200 Euro eingeräumt. Er unterwarf sich der sofortigen Zwangs­voll­streckung. Ende Dezember 2006 ließ der Kläger seine Willen­s­er­klärung im notariellen Schuld­a­n­er­kenntnis aus allen Gesichtspunkten anfechten und verlangte klageweise die Urkunde wegen Sitten­wid­rigkeit des Rechtsgeschäfts heraus.

Inhalt der notariellen Urkunde nicht als sittenwidrig

Die Klage blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht ohne Erfolg. Einwände gegen die Höhe des von ihm verursachten Schadens oder gegen die Art und Weise, wie er überführt wurde, kann der Kläger gegen das notarielle Schuld­a­n­er­kenntnis nicht ins Feld führen. Mit Unterzeichnung des Anerkenntnisses hat er solche bekannten Einwände aufgegeben. Der Inhalt der notariellen Urkunde stellt sich auch nicht als sittenwidrig dar. Zwar ist die Summe hoch, im Verhältnis zu dem voraus­ge­gangenen Geständnis des Klägers und zu den Feststellungen, die die Beklagte gemacht hatte, ist der Schadensbetrag aber vorsichtig kalkuliert. Die Beklagte hat auch keine Geschäfts­u­ner­fah­renheit des Klägers ausgenutzt. Die Drohung mit einer Strafanzeige erscheint angesichts des vom Kläger selbst eingeräumten Sachverhalts nicht als unver­hält­nismäßig. Grundsätzlich kann ein unterzeichnetes notarielles Schuld­a­n­er­kenntnis nicht erfolgreich mit den Argumenten angegriffen werden, die vor Unterschrift gegen die Forderung des Gegners hätten erhoben werden können.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht

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