21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil22.01.2020

Keine Beteiligung der Schwer­behinderten­vertretung bei der Umsetzung eines Arbeitnehmers vor der Entscheidung über dessen Gleich­stellungs­antragVorsorgliche Unterrichtung der Schwer­behinderten­vertretung über Umsetzung vor Entscheidung über Gleich­stellungs­antrag nicht notwendig

Hat ein als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannter Arbeitnehmer die Gleichstellung mit einem schwer­be­hin­derten Menschen beantragt und dies dem Arbeitgeber mitgeteilt, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Schwer­behinderten­vertretung von der beabsichtigten Umsetzung dieses Arbeitnehmers zu unterrichten und sie hierzu anzuhören, wenn über den Gleich­stellungs­antrag noch nicht entschieden ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Arbeitgeberin, ein Jobcenter, beschäftigte eine Arbeitnehmerin, die als behinderter Mensch mit einem GdB von 30 anerkannt ist. Am 4. Februar 2015 stellte diese einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwer­be­hin­derten Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit und informierte den Leiter des Jobcenters hierüber. Das Jobcenter setzte die Arbeitnehmerin im November 2015 für die Dauer von sechs Monaten in ein anderes Team um, ohne zuvor die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet und angehört zu haben. Mit Bescheid vom 21. April 2016 stellte die Bundesagentur für Arbeit die Arbeitnehmerin rückwirkend zum 4. Februar 2015 einem schwer­be­hin­derten Menschen gleich.

Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung verweist auf Pflicht zur Anhörung und Unterrichtung

Die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung machte im Wege eines Hauptantrags und mehrerer Hilfsanträge im Wesentlichen geltend, dass sie das Jobcenter vorsorglich auch dann zu unterrichten und anzuhören habe, wenn behinderte Arbeitnehmer, die einen Gleich­stel­lungs­antrag gestellt und dies dem Jobcenter mitgeteilt haben, auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden sollen.

Beteiligung der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung bei Umsetzung eines Arbeitnehmers muss erst nach erfolgter Feststellung der Gleichstellung erfolgen

Das Arbeitsgericht gab dem Hauptantrag statt, das Landes­a­r­beits­gericht wies die Anträge ab. Die hiergegen gerichtete Rechts­be­schwerde der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht ohne Erfolg. Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwer­be­hin­derten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Regelung gilt gemäß § 151 Abs. 1 SGB IX für schwer­be­hinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen. Die Betei­li­gungs­pflicht bei Umsetzungen besteht danach nicht, wenn die Umsetzung einen behinderten Arbeitnehmer betrifft, der einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Gleichstellung erfolgt erst durch die konstitutiv wirkende Feststellung der Bundesagentur für Arbeit. Erst ab diesem Zeitpunkt besteht das Betei­li­gungsrecht der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung bei der Umsetzung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Zwar wirkt die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Tag des Eingangs des Antrags zurück. Dies begründet jedoch nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung vor der Entscheidung über den Gleich­stel­lungs­antrag vorsorglich über eine Umsetzung zu unterrichten und zu dieser anzuhören. Das ist mit den Vorgaben des Unionsrechts und der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­vention vereinbar.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online (pm/kg)

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