15.11.2024
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Dokument-Nr. 9836

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Bundesarbeitsgericht Beschluss23.06.2010

Arbeitgeber muss Kinder­be­treu­ungs­kosten eines allein­er­zie­henden Betrie­bs­rats­mit­glieds erstattenBetrie­bs­rats­mitglied darf durch Erfüllung seiner Pflichten kein Vermögensopfer entstehen

Der Arbeitgeber muss im erforderlichen Umfang die Kosten erstatten, die einem allein­er­zie­henden Betrie­bs­rats­mitglied während einer mehrtägigen auswärtigen Betrie­bs­rat­stä­tigkeit durch die Fremdbetreuung seiner minderjährigen Kinder entstehen. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall verlangte eine allein­er­ziehende Mutter von ihrem Arbeitgeber die Erstattung der Kosten, die ihr dadurch entstanden waren, dass sie als Betrie­bs­rats­mitglied zur Teilnahme an zwei Sitzungen des Gesamt­be­trie­bsrats und an einer Betrie­bs­rä­te­ver­sammlung insgesamt zehn Tage ortsabwesend war und während dieser Zeit für die Betreuung ihrer 11 und 12 Jahre alten Kinder fremde Hilfe in Anspruch nehmen musste.

Kosten für Betreuung minderjähriger Kinder während Wahrnehmung von Betrie­bs­rats­aufgaben außerhalb der Arbeitszeit sind vom Arbeitgeber zu tragen

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat - anders als zuvor das Landes­a­r­beits­gericht - dem Antrag einer allein­er­zie­henden Mutter entsprochen. Dem Anspruch stand nicht entgegen, dass in dem Haushalt des Betrie­bs­rats­mit­glieds noch eine volljährige berufstätige Tochter lebte, welche die Betreuung ihrer jüngeren Geschwister abgelehnt hatte. Die Antragstellerin durfte die entstandenen Betreuungskosten von insgesamt 600,-- Euro auch der Höhe nach für erforderlich halten.

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Aufwendungen, die einzelne Betrie­bs­rats­mit­glieder zur Erfüllung ihrer Betrie­bs­rats­aufgaben für erforderlich halten dürfen, nicht aber sämtliche Kosten, die nur irgendwie durch die Betrie­bs­rat­stä­tigkeit veranlasst sind. Grundsätzlich nicht erstat­tungsfähig sind insbesondere Aufwendungen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind. Vom Arbeitgeber zu tragen sind aber Kosten, die einem Betrie­bs­rats­mitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung seiner minderjährigen Kinder für Zeiten sicherstellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betrie­bs­rats­aufgaben wahrzunehmen hat. Das ergibt die verfas­sungs­konforme Auslegung des § 40 Abs. 1 BetrVG. Das Betrie­bs­rats­mitglied befindet sich in einem solchen Fall in einer Pflich­ten­kol­lision zwischen seinen betrie­bs­ver­fas­sungs­recht­lichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge. Nach Art. 6 Abs. 2 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur „das natürliche Recht der Eltern“, sondern auch „die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Dementsprechend darf dem Betrie­bs­rats­mitglied durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten kein Vermögensopfer entstehen.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht

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