03.12.2024
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Dokument-Nr. 20758

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Bundesarbeitsgericht Urteil12.03.2015

Wirksamkeit einer Klage­verzichts­klausel in einem Aufhe­bungs­vertragKlage­verzichts­klausel in vorformulierten Aufhe­bungs­vertrag unterliegt als Nebenabrede der Inhalts­kon­trolle nach § 307 BGB

Ein Klageverzicht in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhe­bungs­vertrag unterliegt als Nebenabrede einer Inhalts­kon­trolle nach § 307 BGB. Wird ein solcher formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhe­bungs­vertrag erklärt, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außer­or­dent­lichen Kündigung geschlossen wird, benachteiligt dieser Verzicht den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Am 28. Dezember 2012 schlossen die Parteien einen schriftlichen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis ohne Zahlung einer Abfindung mit dem 28. Dezember 2012 endete. Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger mit einer außer­or­dent­lichen Kündigung und Strafanzeige gedroht, weil er aus ihrem Lagerbestand zwei Fertigsuppen ohne Bezahlung entnommen und verzehrt habe. Der Vertrag enthielt u.a. einen Widerrufs- und Klageverzicht. Der auf das Arbeits­ver­hältnis Anwendung findende Mantel­ta­rif­vertrag für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen vom 25. Juli 2008 beinhaltet in § 11 Abs. 10 bei Aufhe­bungs­ver­trägen ein Widerrufsrecht innerhalb von drei Werktagen, auf das allerdings schriftlich verzichtet werden kann. Noch am 28. Dezember 2012 focht der Kläger den Aufhe­bungs­vertrag wegen wider­recht­licher Drohung an und begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung, dass das Arbeits­ver­hältnis fortbesteht. Die Androhung einer außer­or­dent­lichen Kündigung sei angesichts des langjährigen, unbelasteten Bestands des Arbeits­ver­hält­nisses nicht vertretbar gewesen.

Im Aufhe­bungs­vertrag vorgesehener Klageverzicht nimmt Möglichkeit zur Anfechtung des Vertrages

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat das Bundes­a­r­beits­gericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Auf die Wirksamkeit des Verzichts auf die tariflich eröffnete Wider­rufs­mög­lichkeit kam es nicht an, weil der Kläger entgegen der Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts innerhalb der Widerrufsfrist keinen Widerruf iSv. § 11 Abs. 10 MTV erklärt hat. Jedoch nimmt der im Aufhe­bungs­vertrag vorgesehene Klageverzicht dem Kläger im Ergebnis die Möglichkeit, den Vertrag rechtlich durchsetzbar anzufechten. Das ist mit dem gesetzlichen Leitbild nur zu vereinbaren, wenn die Drohung mit der außer­or­dent­lichen Kündigung nicht widerrechtlich war. Im Ergebnis teilt damit die Klage­ver­zichts­klausel das rechtliche Schicksal des Aufhe­bungs­vertrags. Das Landes­a­r­beits­gericht muss noch aufklären, ob eine widerrechtliche Drohung vorlag.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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