21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 14637

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Urteil15.11.2012Bundesarbeitsgericht6 AZR 339/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 413Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 413
  • NZA 2013, 429Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2013, Seite: 429
  • ZD 2013, 235Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2013, Seite: 235
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil10.03.2011, 11 Sa 2266/10
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil15.11.2012

Arbeitgeber darf Bewerber nicht nach eingestellten straf­recht­lichen Ermittlungs­verfahren fragenUnwahr­heits­gemäße Beantwortung der Frage nach eingestellten straf­recht­lichen Ermittlungs­verfahren eines Bewerbers rechtfertige keine Kündigung

Der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten straf­recht­lichen Ermittlungs­verfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstößt gegen Daten­schutzrecht und die Wertent­schei­dungen des § 53 Bundes­zentra­l­re­gis­ter­gesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines infor­ma­ti­o­nellen Selbst­be­stimmungs­rechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungs­verfahren anhängig waren, darf der Arbeitgeber das zwischen­zeitlich begründete Arbeits­ver­hältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen.Dies entschied das Bundes­arbeitsgericht.

In dem zugrunde liegenden Fall bewarb sich der 1961 geborene Kläger als sog. Seiten­ein­steiger im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermitt­lungs­ver­fahren zu machen. Er wurde zum 15. September 2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirks­re­gierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staats­an­walt­schaft um Mitteilung straf­rechts­re­le­vanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermitt­lungs­ver­fahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermitt­lungs­ver­fahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermitt­lungs­ver­fahren habe er nicht angeben müssen.

Für Bewerbung um eine Stelle als Lehrer ist die Frage nach Ermitt­lungs­ver­fahren unzulässig

Das Arbeitsgericht hat die außer­or­dentliche Kündigung, das Landes­a­r­beits­gericht auch die ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen. Die hiergegen eingelegte Revision des beklagten Landes blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht ohne Erfolg. Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermitt­lungs­ver­fahren darstellt, sei nach den daten­schutz­recht­lichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechts­vor­schrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermitt­lungs­ver­fahren seien für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Daten­schutz­ge­setzes Nordrhein-Westfalen gestattet. Die allein auf die wahrheits­widrige Beantwortung der Frage nach Ermitt­lungs­ver­fahren gestützte Kündigung verstoße deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie sei deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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