24.11.2024
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Dokument-Nr. 3802

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Bundesarbeitsgericht Urteil15.02.2007

Bundes­a­r­beits­gericht zur Differenzierung zwischen einer nachträglichen Befristung und einem Aufhe­bungs­vertrag

Wird nach Zugang einer ordentlichen Arbeit­ge­ber­kün­digung vor Ablauf der Klagefrist eine Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses mit einer Verzögerung von zwölf Monaten vereinbart, so handelt es sich dabei in der Regel nicht um eine nachträgliche Befristung des Arbeits­ver­hält­nisses, sondern um einen Aufhe­bungs­vertrag, wenn nach der Vereinbarung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestehen soll („Kurzarbeit Null“) und zugleich Abwick­lungs­mo­da­litäten wie Abfindung, Zeugni­ser­teilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden.

Ist die Beendi­gungs­ver­ein­barung in einem vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag enthalten, der als „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ zugleich den Übertritt des Arbeitnehmers in eine „betrie­bs­or­ga­ni­sa­torisch eigenständige Einheit (beE)“ regelt, kann es sich je nach den Umständen um eine ungewöhnliche Bestimmung handeln, die gem. § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsinhalt wird.

Die Klägerin war seit 1995 bei der Beklagten als Software-Entwicklerin beschäftigt. Unter dem 23. Oktober 2002 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine Betrie­bs­ver­ein­barung (Inter­es­se­n­aus­gleich) über einen Personalabbau, der möglichst durch Aufhe­bungs­ver­ein­ba­rungen oder freiwillige Wechsel in eine beE vorgenommen werden sollte. In einer weiteren Betrie­bs­ver­ein­barung vom selben Tag (Sozialplan) war neben Abfin­dungs­re­ge­lungen auch die Möglichkeit des Wechsels der Mitarbeiter in die beE vorgesehen. Nach Ziff. 5.1 dieser Betrie­bs­ver­ein­barung sollten die Arbeits­ver­hältnisse beim Wechsel in die beE als unbefristete bestehen bleiben und durch Eigenkündigung, Aufhe­bungs­vertrag oder ggf. durch betrie­bs­be­dingte Kündigung des Arbeitgebers enden. Mit Schreiben vom 11. November 2002 bot die Beklagte der Klägerin den Abschluss eines Aufhe­bungs­vertrags oder den Wechsel in die beE an und kündigte für den Fall, dass die Klägerin sich nicht bis 13. Dezember 2002 entscheide, eine betrie­bs­be­dingte Kündigung an. Als die Klägerin die Frist verstreichen ließ, erklärte die Beklagte unter dem 15. Januar 2003 die Kündigung zum 28. Februar 2003. Am 21./30. Januar 2003 vereinbarten die Parteien in einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“, dass die Klägerin auf Grundlage der Betrie­bs­ver­ein­ba­rungen vom 23. Oktober 2002 mit Wirkung vom 1. Februar 2003 in die beE eintrete. Gemäß Ziff. 6.3 der Vereinbarung sollte das Arbeits­ver­hältnis mit Ablauf des 29. Februar 2004 enden. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeits­ver­hältnis über den 29. Februar 2004 unbefristet fortbesteht, und verlangt Weiter­be­schäf­tigung.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Landes­a­r­beits­gericht.

Der Sechste Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat die Beendi­gungs­ver­ein­barung als Aufhe­bungs­vertrag gewertet, gleichzeitig jedoch angenommen, die entsprechende Vertragsklausel sei als Allgemeine Geschäfts­be­dingung anzusehen und nach den konkreten Umständen für die Klägerin überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB, falls die Klägerin von der Beklagten nicht zuvor auf die Vertrags­be­stimmung hingewiesen worden sei. Zu dem letztgenannten Gesichtspunkt hat die Beklagte mit Erfolg gerügt, die Beweiswürdigung des Landes­a­r­beits­ge­richts sei unzureichend.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/07 des BAG vom 15.02.2007

der Leitsatz

1. Wird nach Zugang einer ordentlichen Arbeit­ge­ber­kün­digung vor Ablauf der Klagefrist eine Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses mit einer Verzögerung von 12 Monaten vereinbart, so handelt es sich dabei in der Regel nicht um eine nachträgliche Befristung des Arbeits­ver­hält­nisses, sondern um einen Aufhe­bungs­vertrag, wenn nach der Vereinbarung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestehen soll ("Kurzarbeit Null") und zugleich Abwick­lungs­mo­da­litäten wie Abfindung, Zeugni­ser­teilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden.

2. Ist die Beendi­gungs­ver­ein­barung in einem vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag enthalten, kann es sich je nach den Umständen um eine ungewöhnliche Bestimmung handeln, die gem. § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsinhalt wird.

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