Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein an einem Berliner Flughafen beschäftigter Sicherheitsmitarbeiter wurde im Juni 2012 Opfer einer Denunziation, als eine Kollegin ihn zu Unrecht beschuldigt hatte, im Dienst Straftaten begangen zu haben. Die zuständige Bundespolizeidirektion wies aufgrund der Beschuldigung die Flughafenbetreiberin an, den Sicherheitsmitarbeiter nicht mehr als Luftsicherheitsassistent einzusetzen. Diese Tätigkeit nahm der Mitarbeiter als Beliehener wahr. Die Flughafenbetreiberin suspendierte den Mitarbeiter aufgrund des Schreibens der Bundespolizeidirektion und stellte nach Gewährung von Urlaub die Gehaltszahlungen ein. Nachdem sich die Vorwürfe als unbegründet erwiesen, wurde der Mitarbeiter ab August 2013 wieder an seinem alten Arbeitsplatz beschäftigt. Er verlangte anschließend klageweise die Vergütung der Zeit, in der er nicht beschäftigt wurde. Während das Arbeitsgericht Berlin die Klage abwies, gab das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision der Flughafenbetreiberin.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und wies daher die Revision der Flughafenbetreiberin zurück. Dem Sicherheitsmitarbeiter habe gemäß § 615 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Vergütung zugestanden, die er erhalten hätte, wenn die Flughafenbetreiberin seine Arbeitsleistung angenommen hätte. Die Flughafenbetreiberin habe sich im Annahmeverzug befunden.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts sei der Annahmeverzug nicht gemäß § 297 BGB ausgeschlossen gewesen. Nach dieser Vorschrift komme der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht bewirken könne. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Der Sicherheitsmitarbeiter sei tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen seine geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Daran habe auch nichts das Schreiben der Bundespolizeidirektion geändert.
Ein vom Auftraggeber oder Kunden unter Berufung auf vertragliche Pflichten an den Arbeitgeber gerichtetes Verbot, einen bestimmten Arbeitnehmer einzusetzen, begründe nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Könne in einem solchen Fall der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht weiterhin mit der zugewiesenen Tätigkeit beschäftigen und habe auch keine andere Einsatzmöglichkeit für ihn, schließe dies Annahmeverzug nur aus, wenn dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar sei. So habe der Fall hier nicht gelegen.
Der Flughafenbetreiberin sei die Annahme der Arbeitsleistung nicht unzumutbar gewesen, so das Bundesarbeitsgericht. Der Sicherheitsmitarbeiter sei Opfer einer Denunziation geworden. Ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Vertragspflichten sei ihm nicht vorzuwerfen gewesen. Es habe zudem nicht überprüft werden können, ob die Flughafenbetreiberin überhaupt an das Verlangen der Bundespolizeidirektion gebunden gewesen sei. Sie habe ferner nicht dargelegt, welche Folgen sie bei Nichtbeachtung des Verlangens befürchten habe müssen. Schließlich habe die Flughafenbetreiberin nicht versucht, die Bundespolizeidirektion umzustimmen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.01.2017
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)