18.10.2024
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Dokument-Nr. 23643

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Urteil21.10.2015Bundesarbeitsgericht5 AZR 843/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2016, 594Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2016, Seite: 594
  • NJW-Spezial 2016, 244Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 244
  • NZA 2016, 688Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2016, Seite: 688
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Berlin, Urteil29.11.2013, 31 Ca 4554/13
  • Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil29.10.2014, 17 Sa 285/14
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil21.10.2015

BAG: Vergü­tungs­an­spruch eines Arbeitnehmers trotz an Arbeitgeber gerichteten Be­schäftigungs­verbots durch AuftraggeberAnnahmeverzug des Arbeitgebers

Verbietet der Auftraggeber oder Kunde den Arbeitgeber unter Berufung auf vertragliche Pflichten einen bestimmten Arbeitnehmer einzusetzen, so steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich dennoch der Vergü­tungs­an­spruch zu. Denn ein Unvermögen an der Erbringung der Arbeitsleistung liegt in einem solchen Verbot nicht. Soweit dem Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer nicht unzumutbar ist, befindet sich der Arbeitgeber somit im Annahmeverzug. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein an einem Berliner Flughafen beschäftigter Sicher­heits­mi­t­a­r­beiter wurde im Juni 2012 Opfer einer Denunziation, als eine Kollegin ihn zu Unrecht beschuldigt hatte, im Dienst Straftaten begangen zu haben. Die zuständige Bundes­po­li­zei­di­rektion wies aufgrund der Beschuldigung die Flugha­fen­be­treiberin an, den Sicher­heits­mi­t­a­r­beiter nicht mehr als Luftsi­cher­heit­s­as­sistent einzusetzen. Diese Tätigkeit nahm der Mitarbeiter als Beliehener wahr. Die Flugha­fen­be­treiberin suspendierte den Mitarbeiter aufgrund des Schreibens der Bundes­po­li­zei­di­rektion und stellte nach Gewährung von Urlaub die Gehalts­zah­lungen ein. Nachdem sich die Vorwürfe als unbegründet erwiesen, wurde der Mitarbeiter ab August 2013 wieder an seinem alten Arbeitsplatz beschäftigt. Er verlangte anschließend klageweise die Vergütung der Zeit, in der er nicht beschäftigt wurde. Während das Arbeitsgericht Berlin die Klage abwies, gab das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision der Flugha­fen­be­treiberin.

Anspruch auf Vergütung aufgrund Annahmeverzugs

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung des Landes­a­r­beits­ge­richts und wies daher die Revision der Flugha­fen­be­treiberin zurück. Dem Sicher­heits­mi­t­a­r­beiter habe gemäß § 615 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Vergütung zugestanden, die er erhalten hätte, wenn die Flugha­fen­be­treiberin seine Arbeitsleistung angenommen hätte. Die Flugha­fen­be­treiberin habe sich im Annahmeverzug befunden.

Kein Unvermögen zur Bewirkung der Arbeitsleistung

Nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts sei der Annahmeverzug nicht gemäß § 297 BGB ausgeschlossen gewesen. Nach dieser Vorschrift komme der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht bewirken könne. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Der Sicher­heits­mi­t­a­r­beiter sei tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen seine geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Daran habe auch nichts das Schreiben der Bundes­po­li­zei­di­rektion geändert.

Kein Unvermögen infolge an Flugha­fen­be­treiberin gerichteten Beschäf­ti­gungs­verbots durch Bundes­po­li­zei­di­rektion

Ein vom Auftraggeber oder Kunden unter Berufung auf vertragliche Pflichten an den Arbeitgeber gerichtetes Verbot, einen bestimmten Arbeitnehmer einzusetzen, begründe nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Könne in einem solchen Fall der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht weiterhin mit der zugewiesenen Tätigkeit beschäftigen und habe auch keine andere Einsatz­mög­lichkeit für ihn, schließe dies Annahmeverzug nur aus, wenn dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben unter Berück­sich­tigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar sei. So habe der Fall hier nicht gelegen.

Keine Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung

Der Flugha­fen­be­treiberin sei die Annahme der Arbeitsleistung nicht unzumutbar gewesen, so das Bundes­a­r­beits­gericht. Der Sicher­heits­mi­t­a­r­beiter sei Opfer einer Denunziation geworden. Ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Vertrags­pflichten sei ihm nicht vorzuwerfen gewesen. Es habe zudem nicht überprüft werden können, ob die Flugha­fen­be­treiberin überhaupt an das Verlangen der Bundes­po­li­zei­di­rektion gebunden gewesen sei. Sie habe ferner nicht dargelegt, welche Folgen sie bei Nichtbeachtung des Verlangens befürchten habe müssen. Schließlich habe die Flugha­fen­be­treiberin nicht versucht, die Bundes­po­li­zei­di­rektion umzustimmen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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