23.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 25774

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Urteil26.10.2016Bundesarbeitsgericht5 AZR 167/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2017, 406Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2017, Seite: 406
  • NJW 2017, 1129Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2017, Seite: 1129
  • NJW-Spezial 2017, 84Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 84
  • NZA 2017, 240Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2017, Seite: 240
  • NZA-RR 2017, 403Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungsreport (NZA-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 403
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil30.07.2015, 3 Ca 551 d/15
  • Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil07.01.2016, 4 Sa 323/15
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil26.10.2016

BAG: Erkrankung nach In-vitro-Fertilisation kann Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall ausschließenMögliche schuldhafte Herbeiführung der Arbeits­un­fä­higkeit

Unterzieht sich eine Arbeitnehmerin einer In-Vitro-Fertilisation, kann eine dadurch bedingte Erkrankung den Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 Abs. 1 des Entgelt­fortzahlungs­gesetzes (EntgFG) ausschließen. Denn wird durch die Maßnahme willentlich und vorhersehbar die Erkrankung herbeigeführt oder wird die Maßnahme nicht nach anerkannten medizinischen Standards oder ohne ärztliche Anordnung ausgeführt, wird die Arbeits­un­fä­higkeit schuldhaft herbeigeführt. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2014 unterzog sich eine 42-jährige Frau einer In-vitro-Fertilisation, da ihr Mann nur eingeschränkt zeugungsfähig war. Aufgrund der Maßnahme erhielt die Frau eine Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung, so dass sie ihren Beruf als Erzieherin in einer Kinder­ta­gesstätte nicht wahrnahm. Nachdem der Arbeitgeber vom Grund der Arbeitsunfähigkeit erfuhr, verlangte er die Rückzahlung der geleisteten Entgeltfortzahlung. Er vertrat die Ansicht nicht zur Entgelt­fort­zahlung verpflichtet gewesen zu sein, da die Arbeitnehmerin die Erkrankung selbst herbeigeführt habe. Der Arbeitgeber kürzte daher die Gehaltszahlung an die Arbeitnehmerin. Damit war die Arbeitnehmerin nicht einverstanden und erhob Klage auf Zahlung des rückständigen Lohns.

Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht gaben Klage statt

Sowohl das Arbeitsgericht Elmshorn als auch das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision des Arbeitgebers.

Bundes­a­r­beits­gericht verwies auf mögliche schuldhafte Herbeiführung der Arbeits­un­fä­higkeit

Das Bundes­a­r­beits­gericht entschied zu Gunsten des Arbeitsgebers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Ein Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung gemäß § 3 Abs. 1 EntgFG bestehe für die Zeit einer Arbeits­un­fä­higkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn der Arbeitnehmer durch Arbeits­un­fä­higkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert sei, ohne dass ihm ein Verschulden treffe. Zwar könne eine In-vitro-Fertilisation zu einer die Arbeits­un­fä­higkeit ausschließenden Erkrankung führen. Dabei könne aber der Arbeitnehmerin ein Verschulden treffen.

Verschulden an Arbeits­un­fä­higkeit bei In-vitro-Fertilisation

Der Arbeitnehmerin treffe ein Verschulden an der infolge einer In-vitro-Fertilisation entstehenden Arbeits­un­fä­higkeit, so das Bundes­a­r­beits­gericht, wenn durch die Maßnahme willentlich und vorhersehbar die Erkrankung herbeigeführt oder die Maßnahme nicht nach anerkannten medizinischen Standards oder ohne ärztliche Anordnung ausgeführt wurde und die Arbeitnehmerin dies ohne weiteres habe erkennen können oder mit ihrem Wissen geschehen sei. Demnach sei ein Verschulden an der Erkrankung nur ausgeschlossen, wenn die In-Vitro-Fertilisation nach allgemein anerkannten medizinischen Standards vom Arzt oder auf ärztliche Anordnung vorgenommen werde und eine Erkrankung auftrete, mit deren Eintritt nicht habe gerechnet werden müssen.

Zurückweisung des Falls an Landes­a­r­beits­gericht

Das Bundes­a­r­beits­gericht wies den Fall an das Landes­a­r­beits­gericht zurück, da nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden könne, ob der Arbeitnehmerin ein Verschulden vorzuwerfen sei. Zunächst müsse die Arbeitnehmerin Zeitpunkt und Ablauf der In-vitro-Fertilisation unter Angabe der im Einzelnen vorgenommenen Maßnahmen und Eingriffe sowie ihrer Folgen darlegen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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