18.10.2024
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Dokument-Nr. 20829

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Bundesarbeitsgericht Urteil26.03.2015

Kündigung nach In-vitro-Fertilisation unwirksamMutter­schutz­rechtliches Kündi­gungs­verbot greift bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle

Eine ohne behördliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG jedenfalls dann unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder sie ihm innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Im Fall einer Schwangerschaft nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) greift das mutter­schutz­rechtliche Kündi­gungs­verbot bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle (sogenannte Embry­o­nen­transfer) und nicht erst mit ihrer erfolgreichen Einnistung (Nidation). Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden und - wie schon die Vorinstanzen - der Kündigungs­schutz­klage einer Arbeitnehmerin stattgegeben.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens war als eine von zwei Angestellten seit Februar 2012 in der Versi­che­rungs­ver­tretung des Beklagten beschäftigt. Ermahnungen oder Abmahnungen etwa wegen schlechter Leistungen erhielt sie nicht. Am 14. oder 15. Januar 2013 teilte sie dem Beklagten mit, dass sie seit mehreren Jahren einen bisher unerfüllten Kinderwunsch hege und ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Der Embry­o­nen­transfer erfolgte am 24. Januar 2013. Am 31. Januar 2013 sprach der Beklagte - ohne behördliche Zustimmung - eine ordentliche Kündigung aus. In der Folge besetzte er die Stelle mit einer älteren Arbeitnehmerin. Am 7. Februar 2013 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt. Hierüber informierte sie den Beklagten am 13. Februar 2013.

Kündigung

Kündigung für unwirksam'> Das Bundes­a­r­beits­gericht entschied, dass die Kündigung unwirksam ist. Die Klägerin genoss bei ihrem Zugang wegen des zuvor erfolgten Embry­o­nen­transfers den besonderen Kündi­gungs­schutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG. Die Kündigung verstößt zudem gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. §§ 1, 3 AGG. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Februar 2008 entschieden, es könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen habe. Im Streitfall durfte das Landes­a­r­beits­gericht nach den gesamten Umständen davon ausgehen, dass die Kündigung wegen der (beabsichtigten) Durchführung einer solchen Behandlung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Schwangerschaft erklärt wurde.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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