21.11.2024
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Dokument-Nr. 9817

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Bundesarbeitsgericht Urteil16.06.2010

BAG: Arbeits­recht­licher Gleich­be­hand­lungs­grundsatz gilt auch bei Umzug des Bundes­nach­rich­ten­dienstesAbschaffung des UmzugsTV ist keine sachliche Grundlage für arbeits­rechtliche Ungleich­be­handlung verschiedener Arbeitsgruppen

Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes kann einen für den Umzug eines Unternehmens geschlossenen so genannten Umzugs-Tarifvertrag nicht kurz vor Beendigung der Verlagerung des Unternehmens einseitig beenden, weil sich die Haushaltslage zwischen­zeitlich geändert hat. Auch hier ist der Arbeitgeber an den arbeits­recht­lichen Gleich­be­hand­lungs­grundsatz gebunden. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist seit 1987 beim Bundesnachrichtendienst (BND) in Pullach bei München beschäftigt. Nach dem Bundes­tags­be­schluss vom 20. Juni 1991 über die Verlagerung des Sitzes von Parlament und Regierung von Bonn nach Berlin haben die Tarif­ver­trags­parteien des öffentlichen Dienstes einen Tarifvertrag über sozia­l­ver­trägliche Begleit­maß­nahmen für Arbeitnehmer geschlossen, die von personellen Maßnahmen, „die in Bezug zu Verlegungen von Verfas­sungs­organen, obersten Bundesbehörden und sonstigen Einrichtungen des Bundes stehen, die im Zusammenhang mit der Verlegung des Parlaments- und Regie­rungs­sitzes von Bonn nach Berlin“ erfolgen (UmzugsTV). Im Jahre 1999 wurde beschlossen, Teile des BND wegen einer als notwendig angesehenen Nähe dieser Behörde zum Regierungssitz von Pullach nach Berlin zu verlegen. Im Jahre 2003 wurde diese Entscheidung auf die Abteilung V des BND erstreckt. Die Mitarbeiter, die im Rahmen dieser Verle­gungs­ent­schei­dungen von Pullach nach Berlin wechselten, erhielten bis zum 15. März 2006 Leistungen nach dem UmzugsTV. Aufgrund einer Entscheidung des damaligen Chefs des Bundes­kanz­le­ramtes wurde ab diesem Datum der UmzugsTV auf die Beschäftigten des BND nicht mehr angewandt. Der Kläger gehört zu einem kleinen Teil der Abteilung V, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht - wie ca. 1.000 andere Mitarbeiter - nach Berlin verlegt war. Die Beklagte verweigert die vom Kläger verlangten Leistungen nach dem UmzugsTV unter Berufung auf die Entscheidung des Bundes­kanz­le­ramtes.

Klage in allen Instanzen erfolgreich

Die Klage auf Feststellung, dass die Beklagte auch auf die Umsetzung des Klägers den UmzugsTV anwenden muss, war in allen drei Instanzen erfolgreich. Der Kläger kann von der Beklagten die Gleich­be­handlung mit denjenigen Mitarbeitern der Abteilung V verlangen, die vor dem 16. März 2006 nach Berlin umgesetzt worden sind. Die Entscheidung des Bundes­kanz­le­ramtes, den UmzugsTV nicht mehr anzuwenden, ist keine sachliche Grundlage für eine arbeits­rechtliche Ungleichbehandlung der verschiedenen Arbeit­neh­mer­gruppen der Abteilung V des BND.

Kein hinreichender Sachgrund für Ungleich­be­handlung erkennbar

Auch ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist an den arbeits­recht­lichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Entschließt er sich, auf die von einer Verla­ge­rungs­ent­scheidung betroffenen Arbeitnehmer einen - ausschließlich begünstigenden - Tarifvertrag anzuwenden, dessen Geltungsbereich diese Maßnahme ohne weiteres erkennbar nicht erfasst, kann er die Anwendung dieses Tarifvertrages nicht kurz vor Abschluss der beschlossenen Verla­ge­rungs­maß­nahmen einseitig beenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Umzugs­ver­zö­ge­rungen organisatorisch bedingt sind und für die Entscheidung der „Nicht-Mehr-Anwendung“ des Tarifvertrages vorwiegend die zwischen­zeitlich anders beurteilte Haushaltslage maßgeblich ist. Insoweit ist aus arbeits­recht­licher Sicht kein hinreichender Sachgrund für die unter­schiedliche Behandlung der Mitarbeiter derselben von der Verla­ge­rungs­ent­scheidung erfassten Abteilung danach, ob sie vor oder nach der Entscheidung ihre Umset­zungs­ver­fügung erhalten, erkennbar.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht

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