23.11.2024
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Dokument-Nr. 4771

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Urteil29.08.2007Bundesarbeitsgericht4 AZR 765/06, 4 AZR 767/06
Vorinstanzen:
  • Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil16.05.2006, 7 Sa 2263/05
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil20.07.2006, 15 (4) Sa 62/06
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil29.08.2007

BAG zur dynamischen Bezugnahme auf bestimmte Tarifverträge bei Teilbe­trie­bs­übergang

Die dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge einer bestimmten Branche (sog. kleine dynamische Klausel) begründet die indivi­du­a­l­ver­tragliche Geltung der in Bezug genommenen Tarifnormen.

Diese gelten gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB bei einem Teilbe­trie­bs­übergang mit Branchenwechsel auch im übergegangenen Arbeits­ver­hältnis vertraglich - zumindest statisch - weiter. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Bezug­nah­me­klausel nach der überein­stim­menden Auslegung durch die Parteien um eine Gleich­stel­lungs­abrede handelt und die Arbeits­be­din­gungen der für allge­mein­ver­bindlich erklärten Tarifverträge in der Branche, der der übergegangene Teilbetrieb nunmehr angehört, ungünstiger sind als diejenigen der arbeits­ver­traglich in Bezug genommenen. Denn die vertraglich vereinbarte Gleichstellung beschränkt sich entsprechend dem Wortlaut der Bezug­nah­me­klausel auf die darin genannten Tarifverträge. Deren weitere vertragliche Geltung für das Arbeits­ver­hältnis ist für den Arbeitnehmer eine günstigere Abmachung iSv. § 4 Abs. 3 TVG. Dass dabei verschiedene Tarifverträge im Betrieb des Arbeitgebers zur Anwendung kommen, beruht auf deren unter­schied­lichen Geltungsgründen und ist in § 613 a BGB auch so angelegt.

Die nicht gewerk­schaftlich organisierte Klägerin war als Stationshilfe für Haus- und Reini­gungs­a­r­beiten bei einem an die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst tarifgebundenen Berliner Krankenhaus beschäftigt. In dem schriftlichen Formu­la­r­a­r­beits­vertrag ist die Anwendung dieser Tarifverträge vereinbart. Zum 1. Juli 2005 ging das Arbeits­ver­hältnis durch Teilbe­trie­bs­übergang auf die Beklagte, ein Gebäu­de­r­ei­ni­gungs­un­ter­nehmen, über, die dem fachlichen Geltungsbereich der - für allge­mein­ver­bindlich erklärten - Tarifverträge für die Gebäu­de­r­ei­nigung unterfällt. Die Beklagte behandelt die Klägerin seitdem nach den Bedingungen dieser Tarifverträge. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Klage - u.a. - die Weitergewährung von Lohn, Urlaub und Sonderzahlung sowie ihre Weiter­be­schäf­tigung nach den im Zeitpunkt des Betrie­bs­übergangs geltenden Tarif­be­din­gungen für den öffentlichen Dienst.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr stattgegeben. Der Senat hat die Entscheidung des Landes­a­r­beits­ge­richts bestätigt. Kraft vertraglicher Vereinbarung hat die Klägerin auch nach dem Übergang des Arbeits­ver­hält­nisses weiter Anspruch auf die Arbeits­be­din­gungen der vertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst. In einem weiteren, im wesentlichen gleich­ge­la­gerten Rechtsstreit, bei dem auch die Klägerin vor dem Betrie­bs­übergang kraft Gewerk­schafts­mit­glied­schaft an die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst tarifgebunden war, hat der Senat der Klage auf Weitergewährung der Vergütung nach diesen Tarifverträgen stattgegeben, wobei er hier das Urteil zweiter Instanz aufgehoben und das obsiegende Urteil erster Instanz wieder hergestellt hat. Die konstitutive Bezugnahme auf diese Tarifverträge begründet deren vertragliche Weitergeltung für das übergegangene Arbeits­ver­hältnis als im Vergleich zu den Tarif­be­din­gungen der Gebäu­de­r­ei­nigung günstigere Regelungen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 63/07 des BAG vom 29.08.2007

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