21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 15518

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Urteil04.12.1997Bundesarbeitsgericht2 AZR 799/96
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BAGE 87, 200Sammlung: Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE), Band: 87, Seite: 200
  • MDR 1998, 542Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1998, Seite: 542
  • NJW 1998, 1659Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1998, Seite: 1659
  • NZA 1998, 420Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 1998, Seite: 420
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Hamm, Urteil08.03.1996, 2 Ca 2224/95
  • Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil04.11.1996, 19 (14) Sa 773/96
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil04.12.1997

BAG: Unmiss­ver­ständliche und wiederholt bekräftigte Eigenkündigung eines Arbeitnehmers trotz fehlenden wichtigen Grundes und mangelnder Schriftform wirksamBerufen auf Unwirksamkeit der eigenen Kündigung wegen wider­sprüch­lichen bzw. treuwidrigen Verhaltens unzulässig

Kündigt ein Arbeitnehmer das Arbeits­ver­hältnis unmiss­ver­ständlich und wiederholt mündlich, so kann sich dieser im Nachhinein nicht auf die Unwirksamkeit der eigenen Kündigung wegen fehlenden wichtigen Grundes und mangelnder Schriftform berufen. Es liegt insofern ein wider­sprüch­liches und treuwidriges Verhalten vor. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Nach Behauptung des Arbeitgebers habe ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Gespräches mit seinem Vorgesetzten seine fristlose Kündigung erklärt. Wörtlich soll er erklärt haben: "Ich höre auf, ich kündige fristlos". Der Vorgesetzte soll noch versucht haben, den Arbeitnehmer von diesem Vorhaben abzubringen. Dieser soll jedoch nochmals bekräftigt haben: "Nein, ich höre auf. Ich kündige fristlos". Kurze Zeit später soll der Arbeitnehmer den Vorgesetzten nochmals aufgesucht und gesagt haben: "Meine Entscheidung steht, ich höre auf". Danach soll er den Arbeitsplatz verlassen haben. Nachdem der Arbeitgeber die fristlose Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses bestätigte, erhob der Arbeitnehmer Kündi­gungs­schutzklage. Er bestritt eine Kündigung ausgesprochen zu haben. Zudem sei eine solche Kündigung ohnehin unwirksam, da weder ein wichtiger Grund vorgelegen habe noch das Schriftformerfordernis eingehalten worden sei. Das Arbeitsgericht Hamm wies die Klage ab. Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm gab der Klage statt. Es folgte der Argumentation des Arbeitnehmers und hielt die Eigenkündigung für unwirksam. Dabei habe außer Acht bleiben können, ob die Kündigung tatsächlich ausgesprochen wurde. Gegen das Berufungsurteil legte der Arbeitgeber Revision ein.

Eigenkündigung des Arbeitnehmers war wirksam

Das Bundes­a­r­beits­gericht unterstellte zunächst, dass der Arbeitnehmer die Kündigung ausgesprochen habe. Diese wäre auch wirksam gewesen. Denn der Arbeitnehmer habe sich auf die Unwirksamkeit der eigenen Kündigung nicht berufen können.

Fehlender wichtiger Grund unerheblich

Zwar müsse auch bei einer arbeit­neh­mer­seitigen Kündigung ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB vorliegen. Das Bundes­a­r­beits­gericht hielt es aber für treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, wenn eine Partei, die eine Kündigung mehrmals, ernsthaft und nicht nur einmalig spontan ausgesprochen habe, sich nachträglich auf deren Unwirksamkeit berufe. Es stelle ein wider­sprüch­liches Verhalten dar, wenn sich jemand zu seinem Vorteil auf Vorschriften berufe, die er selbst missachtet habe. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen.

Wichtiger Grund nicht immer erforderlich

Zudem sei ein wichtiger Grund auch nicht für jeden Fall der sofortigen Beendigung eines Arbeits­ver­hält­nisses erforderlich, so die Bundesrichter weiter. Denn die Parteien seien befugt durch Aufhe­bungs­verträge ein Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Grundsätzlich könne der Arbeitnehmer daher aufgrund der Vertrags­au­tonomie über das "Ob", das "Wie" und das "Wann" einer Vertrags­be­en­digung entscheiden.

Einseitige Rücknahme der Kündigung nicht zulässig

Das Berufen auf die Unwirksamkeit einer eigenen Kündigung sei auch deshalb unzulässig, so das Bundes­a­r­beits­gericht weiter, da dieses Vorgehen mit der einseitigen Rücknahme einer Kündigung vergleichbar sei, die ebenfalls unzulässig sei. Würde man darüber hinaus den Arbeitnehmer gestatten, sich auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung zu berufen, müsse dies auch für den Arbeitgeber gelten. Dies werde ihm aber im Hinblick auf das Verbot des wider­sprüch­lichen Verhaltens verwehrt. Was jedoch dem Arbeitgeber nicht zuzubilligen sei, könne auch nicht dem Arbeitnehmer gewährt werden. Selbst wenn dies aus Arbeit­neh­mer­schutz­ge­sichts­punkten erfreulich wäre.

Mangelnde Schriftform unbeachtlich

Weiterhin könne sich der Abreitnehmer nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts nicht auf die mangelnde Schriftform seiner Eigenkündigung berufen, da dies ebenfalls ein rechts­miss­bräuch­liches Handeln darstellen würde. Das Schrift­for­m­er­for­dernis diene unter anderem dazu, übereilte bzw. unüberlegte Handlungen zu verhindern. Einmalige Momentaktionen sollen keine Rechts­gül­tigkeit erlangen und damit wirksam werden. Hier habe der Fall aber anders gelegen. Der Arbeitnehmer habe sich nicht spontan und übereilt geäußert. Es habe sich vielmehr um eine abschließende Entscheidung gehandelt.

Berufungsurteil wurde aufgehoben

Da sich der Arbeitnehmer nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung berufen habe könne, sei es auf die Frage, ob er eine solche Kündigung tatsächlich ausgesprochen habe, angekommen. Das Bundes­a­r­beits­gericht hob daher das Berufungsurteil auf und wies den Rechtsstreit an das Landes­a­r­beits­gericht zur Neuentscheidung zurück.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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