14.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 4811

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Urteil06.09.2007Bundesarbeitsgericht2 AZR 722/06
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil19.07.2007, 2 Sa 123/05
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil06.09.2007

Verzicht auf Kündi­gungs­schutzklage ohne Gegenleistung ist unwirksamVorformulierte Erklärung stellt Allgemeine Geschäfts­be­dingung dar und ist wegen unangemessener Benachteiligung ungültig

Wenn ein Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an eine Arbeit­ge­ber­kün­digung ohne Gegenleistung in einem ihm vom Arbeitgeber vorgelegten Formular auf die Erhebung einer Kündi­gungs­schutzklage verzichtet, ist dieser Verzicht unwirksam. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an eine Arbeit­ge­ber­kün­digung ohne Gegenleistung in einem ihm vom Arbeitgeber vorgelegten Formular auf die Erhebung einer Kündi­gungs­schutzklage verzichtet. Durch einen solchen Klageverzicht wird von der gesetzlichen Regelung des § 4 Satz 1 KSchG abgewichen; ohne Gegenleistung benachteiligt ein solcher formularmäßiger Verzicht den Arbeitnehmer unangemessen.

Die Klägerin war seit 1998 bei dem beklagten Droge­rie­un­ter­nehmen Sch. als Verkäuferin/ Kassiererin in Teilzeit angestellt. Ihre monatliche Bruttovergütung betrug 456,00 Euro. Am 16. April 2004 wurde festgestellt, dass die Tageseinnahmen der beiden letzten Tage aus dem Tresor verschwunden waren. Nachdem eine mehrstündige Befragung der drei Mitar­bei­te­rinnen, die in der fraglichen Zeit den Tresorschlüssel in Besitz hatten, den Tathergang nicht aufgeklärt hatte, kündigte die Beklagte allen drei Mitar­bei­te­rinnen fristlos. Gegenüber der Klägerin wurde die Kündigung auf einem Formular ausgesprochen, in dem es im Anschluss an die Kündi­gungs­er­klärung heißt:

„Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.“

Diese Erklärung wurde von der Klägerin unterzeichnet und von der Beklagten gegengezeichnet. Die Klägerin hat bestritten, für das Verschwinden der Tageseinnahmen verantwortlich zu sein. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klageverzicht sei wirksam. Ihr sei außerdem nicht zuzumuten, mit den drei Mitar­bei­te­rinnen, von denen eine die Gelder entwendet haben müsse, weiter zusammen zu arbeiten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Der Klageverzicht war nach § 307 BGB unwirksam. Für eine Kündigung wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung der Klägerin lagen nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landes­a­r­beits­ge­richts keine hinreichenden Gründe iSv. § 626 BGB vor.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 64/07 des BAG vom 06.09.2007

der Leitsatz

Der ohne Gegenleistung erklärte, formularmäßige Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündi­gungs­schutzklage stellt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

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