21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil12.07.2007

Bundes­a­r­beits­gericht zum betrieblichen Einglie­de­rungs­ma­na­gement vor krank­heits­be­dingter Kündigung

Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Inter­es­sen­ver­tretung zu klären, wie die Arbeits­un­fä­higkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeits­un­fä­higkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus krank­heits­be­dingten Gründen, ohne zuvor dieses betriebliche Einglie­de­rungs­ma­na­gement durchgeführt zu haben, so führt dies nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Die Durchführung eines betrieblichen Einglie­de­rungs­ma­na­gements nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Wirksam­keits­vor­aus­setzung für eine perso­nen­be­dingte Kündigung aus krank­heits­be­dingten Gründen. Die gesetzliche Regelung ist aber auch nicht nur ein bloßer Programmsatz, sondern Ausprägung des das Kündigungsrecht beherrschenden Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satzes. Führt der Arbeitgeber kein betriebliches Einglie­de­rungs­ma­na­gement durch, kann dies Folgen für die Darlegungsund Beweislast im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten haben. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien keine alternativen, der Erkrankung angemessenen Einsatz­mög­lich­keiten bekannt. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war der mit einem Grad der Behinderung von 30 einem Schwer­be­hin­derten nicht gleichgestellte Kläger seit 1981 bei der Beklagten als Maschi­nen­be­diener beschäftigt. Seit März 2002 war er wegen eines Rückenleidens durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte daraufhin die Beklagte das Arbeits­ver­hältnis des Klägers am 29. Oktober 2004 fristgemäß.

Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen diese Kündigung gewandt und geltend gemacht, bei entsprechender Ausstattung seines Arbeitsplatzes sei sein Einsatz als Maschi­nen­be­diener weiterhin möglich. Die Beklagte hätte ihn durch eine Umgestaltung anderer Arbeitsplätze auch anderweitig einsetzen können. Hierzu sei sie auf Grund des betrieblichen Einglie­de­rungs­ma­na­gements verpflichtet gewesen. Die Beklagte hält die Voraussetzungen für eine krank­heits­be­dingte Kündigung für gegeben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Arbeits­fä­higkeit des Klägers könne auf unabsehbare Zeit nicht wieder hergestellt werden. Auch eine Beschäftigung auf einem leidens­ge­rechten Arbeitsplatz sei nicht mehr in Betracht gekommen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Bundes­a­r­beits­gericht hat den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung, insbesondere zur Klärung, ob ein leidens­ge­rechter Arbeitsplatz vorhanden ist bzw. durch eine zumutbare Umgestaltung der Betriebsabläufe geschaffen werden könnte, an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 54/07 des BAG vom 12.07.2007

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