Dokument-Nr. 24974
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- NZA 2017, 1051Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2017, Seite: 1051
- Arbeitsgericht Wuppertal, Urteil17.09.2014, 2 Ca 1117/14
- , Urteil27.08.2015, 3 Sa 140/15
Bundesarbeitsgericht Urteil02.03.2017
BAG: Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch Lehrer aufgrund Anfassens des Gesäßes sowie Streicheln über den Rücken einer SchülerinBerührungen können fristlose Kündigung des Lehrers nach sich ziehen
Nimmt ein Lehrer eine Grundschülerin in den Arm und fasst dabei ihr Gesäß an und streichelt er einer Grundschülerin über den Rücken, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Dies kann unabhängig davon, ob die Berührungen als sexuelle Belästigung zu werten sind, eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2008 wurde ein Lehrer an einer Grundschule von mehreren Eltern mit dem Vorwurf konfrontiert mehrere Schülerinnen sexuell belästigt zu haben. Nachdem die Schulleitung umfassende Maßnahmen ergriff, um die Vorwürfe aufzuklären, standen zwei Vorfälle fest. So hatte der Lehrer eine Schülerin in den Arm genommen und dabei ihren Po angefasst. Zudem setzte er sich während eines Nachhilfeunterrichts neben einer Schülerin und begann ihren Schulterbereich und Rücken bis hinab zum Hosenbund oberhalb der Kleidung zu streicheln. Zwar rückte die Schülerin daraufhin mit ihrem Stuhl vom Lehrer ab, der Lehrer rückte jedoch nach und setzte sein Verhalten fort. Der Lehrer stritt jedwede sexuelle Betätigung ab und vermutete vielmehr ein Komplott gegen ihn. Nachdem gegen den Lehrer im Mai 2010 Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen erhoben wurde, sprach die Grundschule eine fristlose Kündigung wegen des Verdachts sexueller Belästigungen mehrerer Schülerinnen aus. Dagegen erhob der Lehrer Kündigungsschutzklage. Das Strafverfahren gegen den Lehrer wurde in der zweiten Instanz im Februar 2013 durch einen Freispruch beendet.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen Klage ab
Das Arbeitsgericht Wuppertal wies die Kündigungsschutzklage im September 2014 ab. Die dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf erfolglos. Das Landesarbeitsgericht nahm an, der Kläger sei aufgrund der elterlichen Beschwerden, der Strafanzeigen und den Anlastungen der Schülerinnen im Rahmen ihrer Vernehmungen im Strafverfahren zum Zeitpunkt der Kündigung dringend verdächtig gewesen, Schülerinnen sexuell belästigt zu haben. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.
Bundesarbeitsgericht verneint rechtmäßige Verdachtskündigung
Das Bundesarbeitsgericht entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf. Mit der gewählten Begründung habe das Landesarbeitsgericht die Verdachtskündigung nicht als wirksam erachten dürfen. Zwar könne sich eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein vom Arbeitnehmer gezeigtes strafbares Verhalten oder eine sonstige erhebliche Pflichtverletzung auch daraus ergeben, dass mehrere Zeugen übereinstimmend ein bestimmtes Verhalten schildern. Solche Aussagen können eine Verdachtskündigung rechtfertigen. Jedoch erfordere dies eine sorgfältige, mögliche Fehlerquellen umfassende berücksichtigende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit der jeweiligen Aussagen und der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Diese Prüfung habe das Landesarbeitsgericht nicht vorgenommen.
Mögliche zulässige Tatkündigung
Das Bundesarbeitsgericht wies den Rechtsstreit zur Nachholung der erforderlichen Prüfung an das Landesarbeitsgericht zurück. Dabei wies es daraufhin, dass eine fristlose Kündigung auch aufgrund der nachgewiesenen Pflichtverletzungen im Sinne einer Tat gerechtfertigt sein könne. Die unstreitigen beiden Vorfälle stellen unabhängig davon, ob sie als sexuelle Belästigung zu werten seien, eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Pädagogische Gründe für die Berührungen, etwa zur Tröstung der Schülerinnen, haben nicht vorgelegen. Das Landesarbeitsgericht habe daher ebenfalls zu prüfen, ob eine fristlose Kündigung als Tatkündigung gerechtfertigt sei. Dabei sei insbesondere das Erfordernis einer Abmahnung zu prüfen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.10.2017
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
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