18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 671

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Urteil07.07.2005Bundesarbeitsgericht2 AZR 581/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BAGE 115, 195Sammlung: Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE), Band: 115, Seite: 195
  • BB 2006, 331Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2006, Seite: 331
  • DB 2006, 397Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2006, Seite: 397
  • MDR 2006, 458Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2006, Seite: 458
  • NJW 2006, 540Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2006, Seite: 540
  • NJW-Spezial 2006, 84Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2006, Seite: 84
  • NZA 2006, 98Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2006, Seite: 98
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ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil07.07.2005

Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung des Internets während der Arbeitszeit möglich

Internetsurfen zu Privatzwecken kann den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigen. Das hat das Bundes­arbeitsgericht entschieden.

Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der Arbeitnehmer mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit porno­gra­phischem Inhalt zugreift. Diese Pflicht­ver­letzung kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses sein. Ob die Kündigung in einem solchen Fall im Ergebnis wirksam ist, ist auf Grund einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.

Der Kläger war seit 1985 bei der Beklagten als Schichtführer mit Aufsichts­funk­tionen in einer Chemischen Fabrik beschäftigt. Er arbeitete in Wechselschicht mit einer Pausenzeit von einer Stunde je 12-Stunden-Schicht. Im Jahre 2002 schaltete die Beklagte den Zugang zum Internet für den Betrieb frei. Nachdem der Betriebsleiter einen erheblichen Anstieg der Internetkosten bemerkt hatte, stellte der werkseigene Ermitt­lungs­dienst fest, dass in der Zeit von September bis November 2002 von den Schicht­füh­rer­zimmern aus auf Internetseiten ua. mit porno­gra­phischem Inhalt zugegriffen worden war. Die Beklagte hat dem Kläger eine private Nutzung des Internets in dem genannten Zeitraum von insgesamt 18 Stunden einschließlich 5 Stunden für ein "Surfen" auf porno­gra­phischen Seiten vorgeworfen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 kündigte die Beklagte das Arbeits­ver­hältnis des Klägers außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2003. Der Kläger hat Zugriffe auf das Internet - auch während der Arbeitszeit - eingeräumt und geltend gemacht, er habe das Internet höchstens für ca. 5 - 5,5 Stunden privat genutzt. Davon habe er allenfalls 55 - 70 Minuten Seiten mit porno­gra­phischem Inhalt aufgerufen. Von dem Verbot der Beklagten, auf Internetseiten mit porno­gra­phischem Inhalt zuzugreifen und entsprechenden Warnhinweisen habe er keine Kenntnis gehabt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das Bundes­a­r­beits­gericht hat die Entscheidung des Landes­a­r­beits­ge­richts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht wird aufzuklären haben, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichts­pflicht verletzt hat, welche Kosten dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden sind und ob durch das Aufrufen der porno­gra­phischen Seiten der Arbeitgeber einen Imageverlust erlitten haben könnte. Sodann ist je nach dem Gewicht der näher zu konkre­ti­sie­renden Pflicht­ver­let­zungen gegebenenfalls zu prüfen, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte und ob unter Berück­sich­tigung der langen Beschäf­ti­gungsdauer des Klägers und des unter Umständen nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses unver­hält­nismäßig ist.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht

der Leitsatz

Ein wichtiger Grund zur außer­or­dent­lichen Kündigung an sich kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang ("ausschweifend") nutzt und damit seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten verletzt.

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