18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 10707

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Urteil28.10.2010Bundesarbeitsgericht2 AZR 293/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2011, 307Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2011, Seite: 307
  • NZA 2011, 112Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2011, Seite: 112
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ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil28.10.2010

Öffentlicher Dienst: Kündigung wegen Neben­ver­diensten als Zuhälter gerechtfertigtGeringes Gehalt als Recht­fer­ti­gungsgrund für Zuhälterei macht Weiter­be­schäf­tigung unzumutbar

Ein Angestellter im Öffentlichen Dienst, der sich einen Nebenverdienst als Zuhälter verschafft und deswegen verurteilt wird, muss mit einer fristlosen Kündigung seines Arbeitgebers rechnen. Eine Kündigung ist zumindest dann gerechtfertigt, wenn als Grund für die Zuhälterei das geringe Gehalt im Hauptberuf angegeben wird. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls war als Straßen­bau­a­r­beiter bei der beklagten Stadt beschäftigt. Laut eigenen Aussagen war der Mann mit seinem Gehalt, das er erzielte, nicht zufrieden und benötigte einen zusätzlichen Verdienst, um seine Familie ernähren zu können. Daher fasste er den Entschluss im Wege der Zuhälterei Geld zu verdienen. 2008 verurteilte das Landgericht den Mann wegen gemein­schaft­licher Zuhälterei und Körper­ver­letzung zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung.

Arbeitgeber spricht Kündigung aus

Nach mehreren Presseberichten über den Prozess und die Verurteilung des Klägers, in denen auch über das Tatmotiv des Klägers berichtet wurde, kündigte die Stadt nach Rücksprache mit dem Personalrat das Arbeits­ver­hältnis.

Kläger sieht in außer­dienst­lichem Fehlverhalten keinen Bezug zum Arbeits­ver­hältnis

Der Kläger erhob daraufhin Kündi­gungs­schutzklage. Er vertrat die Auffassung, dass er seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten nicht verletzt habe. Sein außer­dienst­liches Fehlverhalten habe keinen Bezug zum Arbeits­ver­hältnis. Als Straßenbauer habe er keine dienstlichen Kontakte zu den Bürgern der Stadt.

Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit zur Rücksichtnahme auf Interessen des Arbeitgebers verpflichtet

Die Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos. Laut Bundes­a­r­beits­gericht ist jede Partei des Arbeits­ver­trages nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertrags­partners verpflichtet. So sei der Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.

Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat berechtigtes und gesteigertes Interesse nicht in Zusammenhang mit Straftaten seiner Bediensteten in Verbindung gebracht zu werden

Nach den Aussagen des Bundes­a­r­beits­gericht habe das Landes­a­r­beits­gericht Hamm zutreffend angenommen, dass der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten verletzt habe. Ungeachtet des Charakters der von ihm begangenen Straftat bestehe der erforderliche Zusammenhang mit dem Arbeits­ver­hältnis für eine zulässige Kündigung. Der Kläger habe die Beklagte mit seiner Tat in Beziehung gebracht. Durch seine - auch in der Presse wiedergegebenen - Äußerungen im Strafverfahren habe er eine Verbindung zwischen seiner angeblich zu geringen Vergütung durch die Beklagte und seinem Tatmotiv hergestellt. Auf diese Weise habe er die Beklagte für sein strafbares Tun „mitver­ant­wortlich“ gemacht. Damit sei deren Integri­täts­in­teresse erheblich verletzt. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der in besonderem Maße an Recht und Gesetz gebunden sei und in dieser Hinsicht einer besonders kritischen Beobachtung durch die Öffentlichkeit unterliege, habe ein berechtigtes und gesteigertes Interesse daran, in keinerlei - und sei es auch abwegigen - Zusammenhang mit Straftaten seiner Bediensteten in Verbindung gebracht zu werden.

Vorherige Abmahnung nicht erforderlich

Einer vorherigen Abmahnung habe es hier ebenfalls nicht bedurft. Der Kläger habe angesichts der Schwere seiner Pflicht­ver­letzung nicht damit rechnen dürfen, dass die Beklagte diese Verhaltensweise hinnehmen werde.

Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses unzumutbar

Aufgrund der Schwere der Pflicht­ver­letzung des Klägers sei nach Auffassung des Gerichts eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses unzumutbar.

Quelle: ra-online (ac)

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