27.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.
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Bundesarbeitsgericht Urteil20.01.2005

Keine verkürzte Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO bei einer Kündigung durch den "starken" vorläufigen Insol­venz­ver­walter

Nach § 113 Satz 2 InsO kann das Arbeits­ver­hältnis eines Arbeitnehmers vom Insol­venz­ver­walter mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Der Zweite Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat nunmehr entschieden, dass diese verkürzte Kündigungsfrist nur der Insol­venz­ver­walter nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens für sich in Anspruch nehmen kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung und der Systematik der Insol­ven­z­ordnung. Eine analoge Anwendung der Norm auf den vorläufigen Insol­venz­ver­walter mit Verwaltungs- und Verfü­gungs­be­fugnis ("starker vorläufiger Insol­venz­ver­walter") ist nicht möglich, weil die Insol­ven­z­ordnung insoweit keine planwidrige Lücke erkennen lässt. Der "starke" vorläufige Insol­venz­ver­walter und der - endgültige - Insol­venz­ver­walter haben unter­schiedliche Funktionen und sind vom Gesetzgeber nicht völlig gleichgestellt worden.

Die Klägerin war seit 1980 bei der Schuldnerin und deren Rechts­vor­gängerin als Sachbe­a­r­beiterin beschäftigt. Am 28. Mai 2002 wurde der Beklagte zum "starken" vorläufigen Insol­venz­ver­walter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Anfang Juli 2002 entschied der Beklagte, den Geschäfts­bereich der Klägerin stillzulegen. Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 kündigte er das Arbeits­ver­hältnis der Klägerin mit abgekürzter Kündigungsfrist. Nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens kündigte der nunmehr zum Insol­venz­ver­walter bestellte Beklagte das Arbeits­ver­hältnis erneut zum 31. Dezember 2002.

Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen die erste Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, ihr Arbeits­ver­hältnis sei frühestens auf Grund der zweiten (Nach-)Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 2002 beendet worden. Der Beklagte habe jedenfalls die erste Kündigung nicht mit der verkürzten Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO aussprechen dürfen, sondern die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten müssen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, als "starker" vorläufiger Insol­venz­ver­walter habe er die verkürzte Kündigungsfrist - zumindest analog - anwenden können.

Das Arbeitsgericht und das Landes­a­r­beits­gericht haben der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht erfolglos.

Vorinstanz:

LAG Hamburg vom 16. Oktober 2003 - 8 Sa 63/03 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 4/05 des BAG vom 20.01.2005

der Leitsatz

Für eine vom vorläufigen Insol­venz­ver­walter mit Verwaltungs- und Verfü­gungs­be­fugnis (§ 22 Abs. 1 InsO) ausgesprochene Kündigung eines Arbeits­ver­hält­nisses gilt nicht die verkürzte Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO.

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