Dokument-Nr. 8891
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- MDR 2009, 933Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 933
- NJW 2009, 2475Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2009, Seite: 2475
- NZA 2009, 601Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2009, Seite: 601
Bundesarbeitsgericht Urteil18.03.2009
Weihnachtsgeld: Ein einmal erworbenes Gewohnheitsrecht kann nicht einseitig rückabwickelt werdenRechtsprechungsänderung des BAG - Über viele Jahre gezahltes Weihnachtsgeld darf nicht mit dem Verweis, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, eingestellt werden
Hat ein Arbeitgeber über viele Jahre Weihnachtsgeld gezahlt, endet der Anspruch des Arbeitnehmers darauf nicht dadurch, dass der Arbeitgeber ab einem bestimmten Zeitpunkt erklärt, die Zahlung sei eine freiwillige Leistung. Der Arbeitgeber kann auf dieser Grundlage die Zahlung der Gratifikation nicht einfach einstellen. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht.
Seit seinem Eintritt in die Firma 1971 erhielt ein Spezialbaufacharbeiter in jedem Jahr Weihnachtsgeld. Ab 2002 wurde dieses in drei Monatsraten gezahlt, wobei die Lohnabrechnungen den handschriftlichen Vermerk enthielten „Die Zahlung des Weihnachtsgeldes ist eine freiwillige Leistung und begründet keinen Rechtsanspruch“. Im Jahr 2006 zahlte der Arbeitgeber kein Weihnachtsgeld mehr. Der angestellte Facharbeiter war der Meinung, ihm stehe diese Sonderzahlung weiterhin zu.
Verbindlichkeit durch "betriebliche Übung"
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts gaben ihm Recht. Werde eine Gratifikation dreimal ohne Vorbehalt gezahlt, werde sie durch „betriebliche Übung“ verbindlich. Entgegen früherer Rechtsprechung urteilte das BAG, dass der Anspruch auf das Weihnachtsgeld nicht dadurch aufgehoben werde, dass der Arbeitgeber die betriebliche Übung ändere, wie es hier durch den Freiwilligkeitsvorbehalt geschehen sei. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer dem Vorbehalt nicht widersprochen habe. Schweigen sei nicht als Zustimmung zu interpretieren. Nehme der Arbeitnehmer dreimal die unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit gezahlte Gratifikation an, beende nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.12.2009
Quelle: ra-online, Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht
der Leitsatz
1. Hat ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer jahrelang vorbehaltlos Weihnachtsgeld gezahlt, wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung nicht dadurch aufgehoben, dass der Arbeitgeber später bei der Leistung des Weihnachtsgeldes erklärt, die Zahlung des Weihnachtsgeldes sei eine freiwillige Leistung und begründe keinen Rechtsanspruch, und der Arbeitnehmer der neuen Handhabung über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg nicht widerspricht.
2. Erklärt ein Arbeitgeber unmissverständlich, dass die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltlosen Weihnachtsgeldzahlung beendet werden und durch eine Leistung ersetzt werden soll, auf die in Zukunft kein Rechtsanspruch mehr besteht, kann nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 nach § 308 Nr. 5 BGB eine dreimalige widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung durch den Arbeitnehmer nicht mehr den Verlust des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld bewirken (Aufgabe der Rechtsprechung zur gegenläufigen betrieblichen Übung, vgl. BAG 4. Mai 1999 - 10 AZR 290/98 - BAGE 91, 283; 26. März 1997 - 10 AZR 612/96 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 50 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 38).
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