Bundesarbeitsgericht Urteil17.11.2015
BAG: Unzulässige Benachteiligung schwerbehinderter Arbeitnehmer durch SozialplanabfindungSozialplan sieht für schwerbehinderte Arbeitnehmer pauschale Abfindung vor
Sieht ein Sozialplan vor, dass im Falle eines Arbeitsplatzverlustes schwerbehinderten Arbeitnehmern eine pauschale Abfindung zusteht, so verstößt der Sozialplan gegen § 75 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), wenn nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern eine höhere, nach ihren individuellen Betriebs- und Sozialdaten zu ermittelnde Abfindung zusteht. Darin liegt eine unmittelbare Benachteiligung der schwerbehinderten Arbeitnehmer. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wegen der Stilllegung der Betriebsabteilung verlor ein schwerbehinderter 62-jähriger Arbeitnehmer im März 2012 seinen Arbeitsplatz. Entsprechend einer Regelung eines Sozialplans erhielt der Arbeitnehmer für den Arbeitsplatzverlust eine pauschale Abfindung in Höhe von 10.000 EUR. Nach der Regelung standen schwerbehinderten Mitarbeitern der Pauschalbetrag zu, wenn sie aufgrund der Schwerbehinderung zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rente in Anspruch nehmen konnten. Dagegen erhielten die nicht schwerbehinderten Mitarbeiter eine höhere, nach ihren individuellen Betriebs- und Sozialdaten zu ermittelnde Abfindung. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer sah darin eine unzulässige Benachteiligung und erhob Klage auf eine höhere Abfindung. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt und sprachen dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 40.000 EUR zu. Dagegen richtete sich die Revision der beklagten Arbeitgeberin.
Anspruch auf höhere Abfindung
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Beklagten zurück. Dem Kläger habe ein Anspruch auf eine Abfindung zugestanden, die sich anhand der Formelberechnung für nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer bestimme. Auf den Pauschalbetrag habe sich der Kläger nicht verweisen lassen müssen. Denn die entsprechende Regelung sei mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbar gewesen.
Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
Der Kläger sei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts durch die pauschale Abfindung aufgrund seiner Schwerbehinderung unmittelbar benachteiligt worden. Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer sei in Bezug auf seine durch den Arbeitsplatzverlust verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern. Ebenso wie diese verliere er seinen Anspruch auf das bisherige Arbeitsentgelt. Dabei spiele es keine Rolle, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer aufgrund seiner Schwerbehinderung eine (vorzeitige) Altersrente in Anspruch nehmen könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.12.2016
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)