18.10.2024
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Arbeitsgericht Frankfurt am Main Urteil12.03.2015

Betriebs­ratsmit­glied kann trotz fehlenden Betriebs­ratsbe­schlusses angesichts von Arbeit­nehmer­beschwerden und bevorstehender Betrie­bs­rats­sitzung Betrie­bs­be­gehung durchführenRecht zur Freistellung zwecks Wahrnehmung von Betriebs­ratsauf­gaben besteht

Ein Betriebs­ratsmit­glied ist berechtigt, vor einer anstehenden Betrie­bs­rats­sitzung eine Betrie­bs­be­gehung durchzuführen, um Beschwerden der Belegschaft nachzugehen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob das Betriebs­ratsmit­glied freigestellt ist oder die Begehung durch einen Betriebs­ratsbe­schluss gedeckt ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Betriebsratsmitglied beabsichtigte innerhalb des Flughafens Frankfurt am Main mit einem Kollegen zusammen im August 2014 eine Betriebsbegehung durchzuführen. Dabei sollte insbesondere in Anbetracht einer bevorstehenden Betrie­bs­rats­sitzung Mitar­bei­ter­be­schwerden nachgegangen werden. Dem Betrie­bs­rats­mitglied wurde jedoch mitgeteilt, dass eine Begehung nicht möglich sei. Er wurde daher zur Betrie­bs­be­gehung nicht freigestellt. Das Betrie­bs­rats­mitglied führte sie dennoch durch und bekam anschließend eine Abmahnung aufgrund eines unent­schul­digten Fernbleibens von der Arbeit. Gegen diese Abmahnung wehrte sich das Betrie­bs­rats­mitglied mit seiner Klage.

Betrie­bs­rats­mitglied stand Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte zu

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main bejahte einen Anspruch des Betrie­bs­rats­mit­glieds auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte (§§ 242, 1004 BGB). Das Betrie­bs­rats­mitglied sei nicht unentschuldigt von der Arbeit ferngebelieben. Somit sei die Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen worden.

Befreiung von der Arbeitspflicht zur Wahrnehmung von Betrie­bs­rats­aufgaben

Das Betrie­bs­rats­mitglied sei nach Ansicht des Arbeitsgerichts gemäß § 37 Abs. 2 des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes von seiner Arbeitspflicht befreit gewesen. Denn durch die Betrie­bs­be­gehung habe das Betrie­bs­rats­mitglied seine Betriebsratsaufgaben wahrgenommen. Zu diesen Aufgaben gehöre zum Beispiel das Nachgehen von Beschwerden.

Konkreter Anlass zur Betrie­bs­be­gehung durch Betrie­bs­rats­mitglied bestand

Die Befreiung von der Arbeitspflicht zwecks Wahrnehmung der Betrie­bs­rats­aufgaben sei zudem erforderlich gewesen, so das Arbeitsgericht. Denn es habe angesichts der Beschwerden und der anstehenden Betrie­bs­rats­sitzung ein konkreter Anlass für die Betrie­bs­be­gehung vorgelegen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang gewesen, dass bereits seinem Kollegen die Durchführung der Betrie­bs­be­gehung erlaubt wurde. Denn angesichts der Größe des Betriebs sei es effizienter gewesen die Begehung mit zwei Betrie­bs­rats­mit­gliedern vorzunehmen. So habe die Möglichkeit bestanden, mit möglichst vielen Mitarbeitern zu reden.

Fehlende Freistellung oder Vorliegen eines Betrie­bs­rats­be­schlusses zur Begehung unbeachtlich

Für unbeachtlich hielt das Arbeitsgericht, dass das Betrie­bs­rats­mitglied nicht freigestellt war oder dass der Betrie­bs­be­gehung kein Betrie­bs­rats­be­schluss zugrunde lag. Denn jedes Betrie­bs­rats­mitglied sei grundsätzlich berechtigt, sich zur Wahrnehmung von Betrie­bs­rats­aufgaben von der Arbeitspflicht freizustellen.

Quelle: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, ra-online (vt/rb), eingesandt von RAin Miriam Grünhaid

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