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Arbeitsgericht Bonn Urteil20.05.2020
Auszubildender zur Fachkraft für Lagerlogistik muss nicht Strafverfahren wegen Raubes offenbarenKein Recht des Arbeitgebers zur Anfechtung des Ausbildungsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung
Ein Auszubildender zur Fachkraft für Lagerlogistik muss bei der Einstellung nicht offenbaren, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Raubes läuft. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, das Ausbildungsverhältnis wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Dies hat das Arbeitsgericht Bonn entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit August 2018 befand sich ein junger Mann in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Fachkraft für Lagerlogistik. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte er Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögengüter der Arbeitgeberin. Im Rahmen des Einstellungsverfahrens wurde auf einem Personalblatt nach "gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren" gefragt. Als Antwortmöglichkeiten waren "Nein" oder "Ja" ankreuzbar. Obwohl gegen den Auszubildenden ein Strafverfahren wegen Raubes lief, kreuzte er die Frage mit "Nein" an. Nachdem er in dem Verfahren zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, informierte der Auszubildende seine Arbeitgeberin. Diese nahm das verschwiegene Strafverfahren zum Anlass, den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Der Auszubildende hielt dies für unzulässig und erhob Klage auf Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis nicht beendet sei.
Kein Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Das Arbeitsgericht Bonn entschied zu Gunsten des Auszubildenden. Ein Recht zur Anfechtung des Ausbildungsvertrags wegen arglistiger Täuschung habe nicht bestanden. In der unzutreffenden Beantwortung der Frage zu "gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren" liege keine arglistige Täuschung.
Frage nach "gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren" zu weitgehend
Die gestellte Frage sei nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu weitgehend und damit unzulässig. Denn nicht jede denkbare Straftat begründen Zweifel an der Eignung für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik. Die wahrheitswidrige Beantwortung der im Einstellungsverfahren gestellten unzulässigen Frage stelle daher keine arglistige Täuschung dar. Das Gericht hielt es aber für zulässig nach Strafverfahren wegen Vermögensdelikte zu fragen.
Keine Offenbarungspflicht des Auszubildenen
Der Auszubildende sei auch nicht verpflichtet gewesen, so das Arbeitsgericht, das Strafverfahrens wegen Raubes zu offenbaren. Allein die Tatsache, dass der Auszubildende im Rahmen der Ausbildung Zugriff auch hochwertige Vermögensgegenstände der Arbeitgeberin hat, könne keine Zweifel an der Eignung für den Ausbildungsplatz begründen. Denn nahezu jeder Arbeitnehmer oder Auszubildende erhalte Zugriff auf hochwertige vermögensgegenstände des Arbeitsgebers.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.07.2020
Quelle: Arbeitsgericht Bonn, ra-online (vt/rb)
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