Anwaltsgerichtshof München Urteil24.10.2016
Rechtsanwalt darf in Kanzleiräumen zugleich als Immobilienverwalter tätig seinBerufspflichten eines Rechtsanwalts werden nicht gefährdet
Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich in seinen Kanzleiräumen als Immobilienverwalter tätig sein. Dadurch werden seine Berufspflichten nicht zwingend gefährdet. Dies hat der Anwaltsgerichtshof München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt betrieb in seinen Kanzleiräumen in München unter Nutzung der gleichen Anschrift und Kommunikationsverbindung eine Immobilienverwaltung. Die zuständige Rechtsanwaltskammer sah darin einen Verstoß gegen die Kanzleipflicht. Sie befürchtete eine Gefährdung der Unabhängigkeit und der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts. Die Rechtsanwaltskammer erließ daher im März 2016 einen belehrenden Hinweis. Dagegen erhob der Rechtsanwalt Klage.
Kein Verstoß gegen Kanzleipflicht
Der Anwaltsgerichtshof München entschied zu Gunsten des Rechtsanwalts. Er verstoße nicht gegen seine Kanzleipflicht aus § 27 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), weil er in seinen Kanzleiräumen eine Immobilienverwaltung betreibt.
Keine Gefährdung der beruflichen Unabhängigkeit
Die Immobilienverwaltung sei ein mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt grundsätzlich vereinbarer Zweitberuf, so der Anwaltsgerichtshof, der die rechtsanwaltliche Unabhängigkeit nicht gefährde. Zwar könne dies der Fall sein, wenn ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit biete, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen. Dies sei hier aber nicht ersichtlich gewesen.
Keine Gefahr für anwaltliche Verschwiegenheitspflicht
Auch eine Gefahr für die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht bestehe nach Ansicht des Anwaltsgerichtshofs nicht. Zwar könne dies der Fall sein, wenn ein Angehöriger eines nicht gemäß § 59 a Abs. 1 BRAO sozietätsfähigen Berufs durch die räumliche Nähe zum Rechtsanwalt Kenntnis von dessen Berufsgeheimnissen erlange und diese mangels eigener Verschwiegenheitspflicht preisgeben könne. Diese Gefahr bestehe aber nicht bei einer Personalunion zwischen dem Rechtsanwalt und dem Immobilienverwalter, da die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts stets vorrangig sei.
Sicherung des strafprozessualen Beschlagnahmeverbots
Zudem sei nach Auffassung des Anwaltsgerichtshofs das strafprozessuale Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 der Strafprozessordnung gesichert. Werde ein Rechtsanwalt in Personalunion als Immobilienverwalter in den Kanzleiräumen tätig, habe er stets in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt an seinen Unterlagen als Immobilienverwalter Mitgewahrsam. Diese seien daher vom staatlichen Zugriff geschützt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.03.2018
Quelle: Anwaltsgerichtshof München, ra-online (vt/rb)