Amtsgericht Rüdesheim Urteil09.01.2001
Zusicherung einer Autorenlesung: Anspruch auf Rückerstattung des Eintrittsgelds bei fehlender Lesung durch den Autor höchstpersönlichFehlen einer zugesicherten, wertbeeinflussenden Eigenschaft
Wird eine Lesung durch den Autor zugesichert und findet die Lesung tatsächlich von jemand anderen statt, so besteht ein Anspruch der Rückerstattung des Eintrittsgelds. Denn es fehlt an einer zugesicherten und wertbeeinflussenden Eigenschaft. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgericht Rüdesheim hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Mann sechs Eintrittskarten für die Lesung eines autobiografischen Werks durch den Autor kaufte, musste dieser wegen Krankheit absagen. Statt des Autors erfolgte die Lesung durch einen seiner Mitarbeiter. Der Mann klagte daraufhin gegen die Veranstalterin auf Rückzahlung des Eintrittsgelds.
Anspruch auf Rückerstattung des Eintrittsgelds bestand
Das Amtsgericht Rüdesheim entschied zu Gunsten des Klägers. Diesem habe gemäß §§ 633, 634 BGB ein Anspruch auf Rückerstattung des Eintrittsgelds zugestanden. Durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag habe sich die Veranstalterin verpflichtet, die versprochene Lesung am bestimmten Ort und zur bestimmten Zeit mit dem angekündigten Inhalt und der angekündigten Besetzung stattfinden zu lassen. Dieser Pflicht sei sie jedoch nicht nachgekommen. Da eine zugesicherte Eigenschaft nicht vorgelegen habe, sei es auch nicht auf ein Verschulden der Veranstalterin angekommen.
Fehlen einer wertbeeinflussenden und werterhöhenden Eigenschaft
Zudem habe der Umstand, dass der Autor selbst eine Lesung abhalten sollte, nach Ansicht des Amtsgerichts eine wertbeeinflussende und werterhöhende Eigenschaft dargestellt. Dies habe daraus gefolgt, dass nur der Autor selbst den Sinngehalt seines Textes so, wie er ihn versteht und regelmäßig verstanden haben will, durch besondere Art und Weise des Vortrags vermitteln kann. Das mit einer Autorenlesung einhergehende hohe Maß an Authentizität könne selbst durch den Vortrag eines engen Mitarbeiters des Autors nicht erreicht bzw. aufrechterhalten werden. Dies gelte insbesondere für eine Autobiografie.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.01.2014
Quelle: Amtsgericht Rüdesheim, ra-online (zt/NJW 2002, 615/rb)