21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.
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Amtsgericht Neukölln Urteil17.10.2012

Ohrfeige durch Besucher eines Mieters rechtfertigt keine KündigungHandlungen eines Besuchers sind dem Mieter grundsätzlich nicht zuzurechnen

Ohrfeigt der Besucher eines Mieters den Vermieter, so stellt dies kein Kündigungsgrund des Mietver­hält­nisses dar. Denn das Verhalten des Besuchers kann dem Mieter regelmäßig nicht zugerechnet werden. Dies hat das Amtsgericht Neukölln entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall bekam die Mieterin einer Wohnung regelmäßig Besuch. Die Vermieterin beschwerte sich öfters darüber. Sie fand es auch nicht in Ordnung, dass die Mieterin dem Besucher bei sich übernachten ließ und ihm einen Schlüssel für die Wohnung aushändigte. An einem Tag im April 2012 spitzte sich die Ausein­an­der­setzung zu. Als die Vermieterin den Besucher auf die Übernachtungen ansprach, das Abstellen seines Fahrrads auf dem Gelände des Wohnhauses bemängelte und zudem Fotos vom Fahrrad machte, fühlte sich der Besucher so provoziert, dass er der Vermieterin ein Schlag ins Gesicht versetzte. Diese kündigte daraufhin sowohl außerordentlich als auch ordentlich das Mietverhältnis. Da die Mieterin die Kündigung nicht anerkannte und auszog, erhob die Vermieterin Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Anspruch auf Räumung und Herausgabe bestand nicht

Das Amtsgericht Neukölln entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung (§ 546 BGB) zugestanden, da die Kündigung des Mietver­hält­nisses unwirksam war. Der tätliche Angriff des Besuchers habe weder einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung (§ 543 Abs. 1 BGB) noch eine erhebliche Pflicht­ver­letzung der Mieterin dargestellt, so dass auch eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht kam (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Körper­ver­letzung war der Mieterin nicht zuzurechnen

Die Körperverletzung ihres Besuchers sei ihr nach Ansicht des Amtsgerichts nicht zuzurechnen gewesen. Denn sie habe auf den Schlag keinen Einfluss ausgeübt, die Situation nicht begünstigt. Sie habe vor allem die Eskalation nicht vorhersehen können oder müssen.

Besuch­s­ein­schrän­kungen der Vermieter waren unzulässig

Selbst wenn die Körper­ver­letzung der Mieterin hätte zugerechnet werden können, so das Amtsgericht weiter, hätte sie die Kündigung nicht gerechtfertigt. Es sei insofern zu berücksichtigen gewesen, dass vom Beginn des Mietver­hält­nisses die Vermieterin versuchte den Besuch zu verhindern. Dies sei jedoch unzulässig gewesen. Denn ein Mieter könne jederzeit ohne Einschränkung der zeitlichen Dauer und der Person Besucher in seiner Wohnung empfangen. Die Mieterin sei daher berechtigt gewesen, Besuche über Nacht zu empfangen und einen Schlüssel an den Besucher zu übergeben.

Vermieterin provozierte Schlag

Zu den Versuchen der Vermieterin den Besuch zu verhindern kam, dass sie am besagten Tag Fotos machte. Der Besucher habe sich dadurch nachvollziehbar provoziert fühlen können. Es habe eine Ausnah­me­si­tuation vorgelegen. Diese habe zwar eine Störung des Hausfriedens und ein schuldhaftes Fehlverhalten des Besuchers dargestellt, nicht aber eine nachhaltige Störung. Es habe nicht außer Betracht bleiben dürfen, dass die Vermieterin durch ihre anhaltenden unberechtigten Vorwürfe und das Fotografieren zu einer Eskalation beigetragen hatte.

Quelle: Amtsgericht Neukölln, ra-online (vt/rb)

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