24.11.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 21711

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Amtsgericht München Urteil14.04.2015

Cannabis im Blut: Auch Polizeibeamter darf bei Gefahr im Verzug Blutprobe anordnenAG München zur Verwertbarkeit einer Blutprobe ohne richterliche Anordnung

Am 14.04.2015 wurde ein 24-jähriger Münchner vom Amtsgericht München wegen einer Ordnungs­wid­rigkeit des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels zu einer Geldbuße von 500 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt.

Der Münchner fuhr an einem Donnerstag im Juni 2014 mit seinem PKW VW auf der Wasserburger Landstraße in Grasbrunn bei München. Er hatte am Tag zuvor 4 bis 5 Joints geraucht. Er geriet gegen 11.30 Uhr in eine allgemeine Verkehr­s­kon­trolle. Den beiden kontrol­lie­renden Polizeibeamten fielen seine zitternden und schwitzenden Hände und seine geröteten und glasigen Augen auf. Auf die Frage der Beamten nach Drogenkonsum bestätigte er diesen. Er willigte dann freiwillig und mit Unterschrift in eine Blutentnahme ein. Daraufhin verbrachten ihn die Polizeibeamten in das Institut für Rechtsmedizin, wo die üblichen Tests mit ihm durchgeführt wurden zur Feststellung und Prüfung von drogenbedingten Ausfa­l­l­er­schei­nungen. Als dann die Blutentnahme stattfinden sollte, waren bereits eineinhalb Stunden seit der Verkehr­s­kon­trolle vergangen. Der Münchner weigerte sich nun plötzlich, die Blutentnahme an sich vornehmen zu lassen. Daraufhin ordnete einer der Polizeibeamten sofort die Blutentnahme gegen den Willen des Münchners an, die vom diensthabenden Arzt dann um 13.02 Uhr durchgeführt wurde. Begründet wurde die Anordnung des Polizeibeamten damit, dass wegen des Zeitverlustes bei Einholung der richterlichen Entscheidung und der Verzögerung der Blutentnahme der Beweiswert gefährdet wird, da sich der Wirkstoff im Blut abbaut. Es ergab sich eine THC-Konzentration von 7,6 µg/l (Wirkstoff Konzentration) im Blut des Münchners.

Angeklagter hält Blutprobe nicht als Beweismittel für verwertbar

Vor Gericht verweigerte er die Aussage und vertrat die Meinung, dass die Entnahme der Blutprobe rechtswidrig war und sie nicht für den Prozess verwertet werden darf, da er damit nicht einverstanden war und trotz des Richter­vor­behalts im Gesetz keine Entscheidung von einen Richter eingeholt worden war. Es hätte zumindest versucht werden müssen, eine richterliche Entscheidung einzuholen.

Gericht: Blutprobe darf als Beweis verwertet werden

Der zuständige Richter am Amtsgericht München verwertete das Ergebnis der Blutprobe und verurteilte ihn.

Das Absehen vom Einholen einer richterlichen Anordnung der Blutentnahme sei maßgeblich auf sachliche Erwägungen zur Gefährdung des Beweiswerts durch weitere Verzögerung gestützt worden. Die Anordnung der Blutentnahme erfolgte daher nicht unter willkürlicher Umgehung der richterlichen Entschei­dungs­be­fugnis, sondern aufgrund sachlicher Erwägungen. Das Ergebnis der Blutun­ter­suchung ist selbst dann verwertbar, wenn sich der Polizeibeamte bei der Anordnung der Blutentnahme über die Sachlage geirrt haben sollte, etwa über die Größe der Gefahr des Beweisverlustes bei weiterer Verzögerung oder das Ausmaß der zeitlichen Verzögerung durch den Versuch der Einholung einer richterlichen Entscheidung.

Gefahr im Verzug

"Ein Verwer­tungs­verbot wird (...) durch den Umstand, dass die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen ohne richterliche Anordnung erfolgte, nicht begründet. Denn grundsätzlich stand die Anordnung der Blutentnahme den Polizeibeamten gemäß §§ 81 a Abs. 2 StPO, 46 Abs. 1 OWiG "bei Gefährdung des Unter­su­chungs­er­folges durch Verzögerung" zu. Ein möglicher Irrtum bei der Einschätzung, ob "Gefahr im Verzug" vorlag, schadet der Verwertbarkeit nicht. Es kommt daher nicht darauf, wie groß die Verzögerung bei Einschaltung des Richters gewesen wäre und ob tatsächlich dadurch eine Gefährdung des Unter­su­chungs­er­folges eingetreten ist."- so das Urteil. Die Gefährdung des Unter­su­chungs­er­folges sei auch nicht durch die Polizeibeamten selbst schuldhaft herbeigeführt worden. Denn der Münchner hatte zunächst eingewilligt, so dass sie bis zum Widerruf der Einwilligung davon ausgehen konnten, dass keine richterliche Entscheidung notwendig sein würde. Die Entscheidung sei daher nicht willkürlich dem Richter entzogen worden. Das Urteil entspricht der Regelahndung in der Bußgeld­ka­ta­log­ver­ordnung.

Quelle: ra-online, Amtsgericht München (pm/pt)

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