21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.
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Amtsgericht München Urteil28.05.2019

Permanente Video­über­wachung eines WG-Flurs berechtigt zur fristlosen Kündigung eines Unter­miet­verhältnissesFortsetzung des Mietver­hält­nisses bis zur fristgerechten Kündigung nicht zumutbar

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass die permanente Video­über­wachung eines WG-Flures, der unter anderem auch den Zugang zum Badezim­me­reingang umfasst, zu einer fristlosen Kündigung eines Unter­miet­verhältnisses berechtigt.

Im zugrunde liegenden Fall betrieb der Vermieter selbst nur noch ein Büro in der Wohnung, die er ansonsten zimmerweise vollständig untervermietet hatte. Er hatte im Mai 2018 ein 20 m² großes, mit Schrank, Bett und Schreibtisch möbliertes Zimmer gegen eine Monatsmiete von 810 Euro zuzüglich 40 Euro Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zahlung und einer Kaution von 1.920 Euro an den Beklagten untervermietet. Der Beklagte war zur Mitnutzung von Bad/Dusche/WC und Küche berechtigt. Im Mietvertrag befanden sich die Klauseln: "Die Aufstellung von weiteren Möbeln und/oder Elektrogeräten (...) bedarf der ausdrücklichen Zustimmung", "Vor der Haustür ist zum Schutz der Gemeinschaft eine Kamera angebracht" und "Ein Bündnis der WG-Mitglieder mit der Absicht anderen WG-Mitgliedern oder dem Vermieter zu schaden, führt zu fristloser Kündigung und zu einem Schadensersatz." Ebenso führe ein wiederholter Verstoß gegen die Hausordnung zur fristlosen Kündigung. Die Hausordnung lässt höchsten zwei Besucher und Übernachtungen auch von Herrenbesuchen/Damenbesuchen nur nach vorheriger Genehmigung zu. Gemein­schaftsküche und Etagengänge dürfen nicht für Partys und Feiern benutzt werden. Brotkörnchen am Boden und Müll aus der Küche müssen sofort entfernt werden. Ebenso müssen Kaffeeflecken in den Wohnräumen entfernt werden. "Tipp: Thermoskanne verwenden". Turnusgemäß hat man an der Kehrwoche teilzunehmen. Bei nicht sorgfältiger Reinigung werden für die Putzfrau 30 Euro plus Anfahrtskosten erhoben. Die Flure werden videoüberwacht!

Vermieter verlang Mietzahlungen bis zur fristgemäßen ordentlichen Kündigung

Der Beklagte kündigte das Unter­miet­ver­hältnis fristlos, wobei er diverse Pflicht­ver­let­zungen des Klägers behauptete und leistete ab August 2018 keine Zahlungen mehr. Der Kläger teilte daraufhin dem Beklagten mit, dass er die vorgenannte Kündigung nur als fristgemäß ordentliche, nicht jedoch als fristlose akzeptiere und verlangt die Miete bis Ende Oktober.

Kündigung aufgrund Anbringung, Betrieb und unterlassener Entfernung einer Überwa­chungs­kamera im Flur gerechtfertigt

Das Amtsgericht München sprach dem Kläger lediglich die zeitanteilige Miete für drei Tage bis zum zugestandenen Zugang der Kündigung zu und gab im Übrigen dem Beklagten Recht. Denn die fristlose Kündigung könne jedenfalls auf den unstreitigen Vorwurf der Anbringung, des Betriebs und der unterlassenen Entfernung einer Überwa­chungs­kamera im Flur der verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Wohnge­mein­schaft gestützt werden. Unbehelflich sei insoweit die Bezugnahme auf § 12 des Mietvertrags und der darin enthaltenen Klausel zur Anbringung einer Kamera. Die diesbezügliche Argumentation des Klägers gehe schon deshalb ins Leere, weil die Klausel lediglich eine Regelung zur Anbringung einer Kamera "vor der Haustür" (also im Freien) enthält. Eine Kamera im Hausflur - mithin vor der/den Zimmertür(en) der WG - sei von dieser Regelung schon nach dem klaren und unmiss­ver­ständ­lichen Wortlaut nicht erfasst. Ein diesbezügliches Einverständnis des Beklagten könne daher per se nicht angenommen werden.

Anbringung der Kamera kann nicht ansatzweise auf tragfähigen Grund gestützt werden

Es könne insoweit nicht angehen, dass im Bereich des zur gemein­schaft­lichen Nutzung überlassenen Flurs, der das Zimmer des Beklagten u.a. mit der Küche und dem Badezimmer verbindet, eine permanente Videoüberwachung stattfinde, zumal die dabei erstellten Aufnahmen durch den Kläger auch noch (unstreitig) regelmäßig ausgewertet wurden. Dabei sei auch und gerade zu berücksichtigen, dass - bei realitätsnaher Betrachtung - das Badezimmer von den Bewohnern nicht immer vollumfänglich bekleidet aufgesucht werde. Hinzu komme, dass sich hier die Anbringung dieser Kamera nicht ansatzweise auf einen tragfähigen Grund zu stützen vermag. Soweit durch die Kamera etwaige mietrechtliche Pflichtverstöße wie z.B. das unterlassene Schließen der Haustür und/oder die Ordnungs­mä­ßigkeit der Mülltrennung aufgeklärt bzw. überprüft werden sollten, stelle dies freilich keinerlei Recht­fer­ti­gungsgrund für die permanente Überwachung dieses gemein­schaft­lichen Bereichs der Wohnge­mein­schaft dar.

Vorgehensweise des Vermieters auf im Hinblick auf gesteigerter daten­schutz­rechtliche Sensibilität befremdlich

Belange der Sicherheit der Bewohner mögen zwar teilweise berührt sein, weil eine nicht geschlossene Haustür unbefugten Dritten den Zugang zum Haus erheblich erleichtern könne. Diese lediglich abstrakte Gefahr trage eine derart eingriff­sin­tensive, permanente Überwa­chungs­maßnahme aber nicht im Ansatz. Gerade auch vor dem Hintergrund einer gesteigerten daten­schutz­recht­lichen Sensibilität der Gesellschaft befremdet die Vorgehensweise der Klagepartei in erheblichem Maße. Dem Beklagten seien hier keine weiteren drei Monate bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten und sich den rechtswidrigen Überwa­chungs­maß­nahmen des Klägers auszusetzen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm/kg)

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