18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil06.07.2004

Gefährliches Mini-Schwein darf nicht in einer Wohnung gehalten werdenUngefährliche Schweine dürfen gehalten werden

Die Klägerin, eine Münchner Wohnungs­bau­ge­sell­schaft, vermietete an die Beklagte eine Wohnung in der Hilblestrasse in München. Nach den Bestimmungen des Mietvertrages war zur Haltung von Haustieren die Zustimmung der Vermieterin erforderlich.

Im August 2000 bat die Beklagte die Klägerin um Zustimmung zur Haltung eines schwarzen Mini-Schweins. Trotzdem die Klägerin diese Zustimmung verweigerte, wurde in der Wohnanlage in der Folgezeit mehrfach ein Schwein beobachtet. Daraufhin angesprochen, erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, dass das Schwein nur „besuchsweise“ da sei. Im Juli 2003 gab es einen ersten Zwischenfall mit dem Schwein, welches, als es gerade von der Tochter der Beklagten in der Wohnanlage Richtung Strasse geführt wurde, in Panik geriet, weil die Müllabfuhr gerade die Mülltonnen leerte. Nur mit Hilfe eines Nachbarn, der bei der Aktion leichte Blessuren erlitt, konnte das Schwein gebändigt werden. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte Ende Juli 2003 zur Entfernung des Schweins auf. Im August 2003 erfuhr die Klägerin dann, dass das Schwein der Beklagten bereits Ende März 2003 den Wasserwart der Klein­gar­te­n­anlage angegriffen und verletzt hatte. Daraufhin wurde die Beklagte nochmals schriftlich aufgefordert, das Schwein bis Ende August 2003 zu entfernen und auch „dessen Besuch nicht mehr zu gestatten“. Die Klägerin verwies dabei auch auf von ihr durchgeführte Recherchen bei „Mini-Schwein-Clubs“ und deren Informationen für eine artgerechte Haltung von Mini-Schweinen: So müssten die Tiere mindestens paarweise gehalten werden da sie Artgenossen bräuchten; auch sei eine Suhle erforderlich, die in einer Etagenwohnung wohl schlecht eingerichtet werden könne. Da die Beklagte hierauf nicht reagierte, kam der Fall vor das Amtsgericht München.

Der zuständige Richter verurteilte die Beklagte, das schwarze Mini-Schwein dauernd und endgültig aus der Wohnung zu entfernen. Weiterhin wurde der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 aufgegeben, es zukünftig zu unterlassen, das Schwein in die Wohnung zu verbringen oder dort zu halten.

Zur Begründung führte der Richter aus, dass sich der Besei­ti­gungs­an­spruch vorliegend darauf gründe, dass nach den genannten zwei Vorfällen eine konkrete Gefahr bestehe, dass das Schwein Mitbewohner des Hauses im Hausflur angreifen und verletzen könne. Das Schwein gerate offensichtlich leicht in Panik und sei dann nicht mehr beherrschbar. Die Klägerin brauche nicht abzuwarten, bevor sich ein nächster, möglicherweise noch ernsterer Vorfall ereigne, bei dem Menschen verletzt würden.

Der Richter stellte in seinem Urteil allerdings auch klar, dass nach seiner Auffassung es nicht grundsätzlich verboten sei, ein Mini-Schwein in der Wohnung zu halten. Ein Mini-Schwein gelte wie eine Katze oder ein Hund als Haustier, deren Haltung nicht grundsätzlich verboten werden könne. Daher wies der Richter auch den weitergehenden Antrag der Klägerin ab. Sie wollte erreichen, dass es der Beklagten verboten werde, überhaupt ein Schwein in der Wohnung zu halten. Mit diesem Antrag hatte die Klägerin keinen Erfolg. Ein ungefährliches Schwein dürfe gehalten werden. Der Richter hierzu: „Rein vorsorglich sei aber darauf hingewiesen, dass die Beweislast dafür, dass es sich wirklich um ein anderes Schwein handelt, selbst­ver­ständlich bei der Beklagten liegt. Im Hinblick auf die jetzt gemachte Erfahrung kann die Klägerin die Haltung eines anderen Schweins auch davon abhängig machen, dass die Beklagte die Ungefähr­lichkeit des Tieres glaubhaft macht.“

Die Beklagte fand sich mit diesem Urteil nicht ab und ging zum Landgericht München I in Berufung. Die Berufungskammer schloss sich jedoch der Ansicht des Amtsgerichts an und betonte auch nochmals, dass die Haltung des Schweins im vorliegenden Fall deshalb untersagt worden sei, da eine nachgewiesene Gefährlichkeit für Mitbewohner vorhanden sei. Es sei angesichts der zwei genannten Vorfälle keineswegs auszuschließen, dass das Schwein wieder in Panik gerate, wenn ihm ein unbekannter Besucher oder ein neuer Mieter im Hausflur begegnet. Auch der Verweis der Beklagten auf die potentielle Gefährlichkeit von Katzen und Hunden sei unbehelflich: „Das Halten gefährlicher Hunde in Mietwohnungen ist nicht weniger problematisch als das Halten eines gefährlichen Mini-Schweins“. Daraus lässt sich schließen, dass bei der Haltung eines ähnlich gefährlichen Hundes, ein gleiches Urteil ergangen wäre.

Nach dem Hinweis der Berufungskammer auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels, nahm die Beklagte ihre Berufung zurück. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des AG München vom 18.01.2005

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