15.11.2024
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Amtsgericht München Urteil17.12.2012

Geltendmachung einer nicht bestehenden Geldforderung stellt Pflicht­ver­letzung darZur Abwehr eines Anspruchs angefallene Rechts­an­walts­ge­bühren können als Schadenersatz gefordert werden

Die Geltendmachung einer nicht bestehenden Geldforderung stellt eine Pflicht­ver­letzung dar. Die zur Abwehr des Anspruchs angefallenen Rechts­an­walts­ge­bühren können als Schadenersatz gefordert werden. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall mietete ein Ehepaar Anfang März 2003 in München eine Wohnung. Nachdem der Mann eine türkisch­stämmige Mitbewohnerin immer wieder beleidigte und auch Morddrohungen ausstieß, kündigte der Vermieter Anfang 2008 fristlos. Da das Paar nicht auszog, erhob der Vermieter Klage vor dem Amtsgericht München. Dieser verurteilte die Mieter zur Räumung.

Landgericht hebt Urteil des Amtsgerichts wegen eines formalen Fehlers auf

Die Mieter zogen aus, gingen aber in Berufung. Sie trugen vor dem Landgericht München erstmals vor, dass die Kündigung nicht unterschrieben gewesen sei. Das Landgericht hob das amtsge­richtliche Urteil auf, wies aber darauf hin, dass dies nur wegen des jetzt bekannt gewordenen formalen Fehlers geschehe. Die Vorfälle hätten die Kündigung durchaus gerechtfertigt.

Mieter verlangt Erstattung der Anwaltskosten und beantragt Prozess­kos­tenhilfe

Die Mieter verlangten in der Folge die vorge­richt­lichen Anwaltskosten aus dem Räumungs­rechtss­treits und beantragten für die Klage beim Amtsgericht Starnberg (wegen des Wohnsitzes des Vermieters) Prozess­kos­tenhilfe. Diesen Antrag wies das Amtsgericht Starnberg wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht München II zurückgewiesen.

Mieter verlangt vom Vermieter Erstattung diverser Kosten - Vermieter verlangt vom Mieter Erstattung von Anwaltskosten

Jetzt forderten die Mieter vom ehemaligen Vermieter 1.785 Euro Umzugskosten, 2.330 Euro Schadenersatz, da sie jetzt eine höhere Miete zahlen müssten und 3.418 Euro Arztkosten, die auf Grund der Belastung durch das Verfahren angefallen seien. Der Vermieter schaltete einen Anwalt ein, der die Forderungen zurückwies. Daraufhin reduzierten die ehemaligen Mieter die Forderung auf 1.785 Euro Umzugskosten, 2.796 Euro Mietdifferenz und 596 vorgerichtliche Anwaltskosten. Auch dies wies der Anwalt des Vermieters zurück. Im Gegenzug verlangte der Vermieter aber nunmehr von dem Ehepaar 1.207 Euro Anwaltsgebühren. Er habe auf Grund der ungerecht­fer­tigten Forderungen den Anwalt heranziehen müssen. Diese Gebühren seien dabei angefallen.

Gericht bejaht Schaden­s­er­satz­an­spruch des Vermieters

Als die ehemaligen Mieter nicht bezahlten, erhob der Vermieter Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab ihm teilweise Recht. Grundsätzlich bestehe ein Schaden­s­er­satz­an­spruch. Die Beklagten hätten die Forderungen unberech­tig­terweise geltend gemacht und damit eine vertragliche Nebenpflicht verletzt.

Kündigung des Mietver­hält­nisses war nur wegen eines Formfehlers unwirksam

Die Kündigung des Mietver­hält­nisses sei allein wegen eines Formfehlers unwirksam gewesen. Der Ausspruch einer formunwirksamen Kündigung stelle jedoch keine Schaden­s­er­satz­pflicht auslösende Pflichtverletzung, sondern lediglich eine Oblie­gen­heits­ver­letzung dar. Die Rechtsfolge dieses Verstoßes sei lediglich die automatische Unwirksamkeit der Erklärung, die Einhaltung der gesetzlich oder vertraglich vorge­schriebenen Form liege mithin in erster Linie im Interesse des Erklärenden. Der Erklä­rungs­emp­fänger sei aufgrund ebendieser Rechtsfolge auch ausreichend vor einer unberechtigten Inanspruchnahme geschützt und es bestehe keinerlei Bedürfnis, diesem darüber hinaus einen Schaden­s­er­satz­an­spruch zuzubilligen.

Parteien eines Vertrags­ver­hält­nisses sind verpflichten, keine unberechtigten Ansprüche geltend zu machen

Die Geltendmachung einer materiell-rechtlich nicht bestehenden Geldforderung stelle hingegen durchaus eine Schaden­s­er­satz­pflicht auslösende Pflicht­ver­letzung dar. In einem Vertrags­ver­hältnis bestünden gegenseitige Pflichten zur Rücksichtnahme, die die Parteien dazu verpflichten, nicht unberechtigte Ansprüche geltend zu machen. Auf Grund der Entscheidungen des Amtsgerichts Starnberg und des Landgerichts München II sei auch klar gewesen, dass Schaden­er­satz­ansprüche dem Grunde nach nicht bestünden.

Vom Vermieter geforderte Summe der Höhe nach unberechtigt

Der Höhe nach sei die Klage jedoch teilweise abzuweisen, da der Anwalt bei der Berechnung seiner Gebühren von einem falschen Wert ausgegangen sei. Es dürfe daher nicht darauf abgestellt werden, dass zwei verschiedene Forde­rungs­schreiben erstellt wurden und gesonderte Gebühren aus den jeweiligen Summen (7.533 Euro und 5.177 Euro) errechnet werden, sondern es müsste festgestellt werden, welche Forderungen in diesen geltend gemacht wurden. Gleiche Forderungen dürften bei der Berechnung der Gebühr nur einmal angesetzt werden. Zugrunde zu legen seien daher jeweils einmal die Umzugskosten, die Mietdifferenz sowie die Arztkosten, also ein Betrag von insgesamt 7.999 Euro. Die vorgerichtliche Anwaltskosten würden den Gegenstandswert nicht erhöhen und dürften bei der Berechnung nicht einbezogen werden. Aus obigem Betrag errechne sich ein Honorar von 718,40 Euro.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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