Dokument-Nr. 2336
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Amtsgericht München Urteil21.11.2002
Urlaubsbus kam nicht - Reisender durfte von Reise zurücktreten
Wer eine Busreise gebucht hat und bei Reiseantritt jedenfalls vier Stunden auf einer Autobahnraststätte auf das Eintreffen des Busses gewartet hat, ist zur Kündigung des Reisevertrages berechtigt und hat Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Reisepreises sowie Ersatz seiner Aufwendungen. Das hat das Amtsgericht München entschieden.
Der aus dem rheinland-pfälzischen Dolgesheim stammende Kläger buchte bei dem beklagten Münchener Reisebüro eine 9-tägige Busreise an die Costa Brava/Spanien, die im Oktober 2001 stattfinden sollte. Es war vereinbart, dass der Kläger am 05.10.2001 um 16.45 Uhr an einer Autobahnraststätte der A5 nahe des badischen Waldshut-Thiengen von dem Bus aufgenommen werden sollte. Für den Fall der Busverspätung sollte der Kläger eine „Notfalltelefonnummer“ anrufen, unter der er täglich 24 Stunden Auskunft bekäme.
Der Kläger war pünktlich an der Raststätte, der Bus nicht. Unter der Notfalltelefonnummer erfuhr der Kläger, dass der Reisebus staubedingt „Verspätung“ haben würde. Bei mehreren Telefonaten in der Folgezeit bis 19.00 Uhr wurde der Kläger immer mit der gleichen Auskunft vertröstet, der Bus „stecke im Stau“. Als der Bus um 20.30 Uhr immer noch nicht eingetroffen war, verließ der Kläger zusammen mit einigen weiteren Reisenden die Raststätte. Nach Zeugenaussagen traf der Bus nicht vor 21.00 Uhr an der Raststätte ein.
Der Kläger hat im Gerichtsverfahren die Auffassung vertreten, dass er angesichts dieses Sachverhalts den Reisevertrag habe kündigen dürfen und Anspruch auf Erstattung des Reisepreises (238,- €) und Ersatz seiner Aufwendungen in Gestalt der Fahrtkosten zur Autobahnraststätte (108,- €) habe. Auch seine Urlaubszeit sei „vertan“ gewesen, da er seinen Urlaub zuhause habe verbringen müssen. Daher stünden ihm weitere 218,- € Schadensersatz zu.
Das beklagte Reisebüro stellte sich auf den Standpunkt, dass derartige staubedingte Verzögerungen vom Reisenden hinzunehmen seien. Auch hätten andere Reiseteilnehmer gewartet und die Reise dann anstandslos durchgeführt. Im übrigen hätten die Gerichte bei Flugverspätungen entschieden, dass 4 Stunden Wartezeit jedenfalls hinzunehmen seien.
Die zuständige Richterin des Amtsgerichts München gab dem Kläger im wesentlichen Recht und verurteilte das Reisebüro zur Zahlung von 346,- Euro (Reisepreis und Aufwendungen).
Eine mehr als 4-stündige Verzögerung einer Busankunft stelle zwar für sich allein noch keinen erheblichen Reisemangel dar, der zur Kündigung berechtige. Hinzu käme aber hier, dass die angegebene Notfalltelefonnummer ab 20.00 Uhr nicht mehr erreichbar gewesen sei. Obwohl dem Kläger bei dem letzten Telefonat um 19.00 Uhr gesagt worden sei, der Bus befinde sich nur noch 30 Kilometer von der Raststätte entfernt, sei der Bus auch mehr als eine Stunde später immer noch nicht da gewesen. Unter der Telefonnummer war nach 20.00 Uhr niemand mehr erreichbar. Unter diesen Umständen sei es für den Kläger nicht zumutbar gewesen, weiter zuzuwarten.
Mit der Rechtsprechung zu Flugverspätungen sei der vorliegende Fall nicht vergleichbar:
Ein Flughafen biete im Gegensatz zu einer Autobahnraststätte nicht unerhebliche Annehmlichkeiten; auch seien an einem Flughafen über die entsprechenden Service-Stationen der Fluggesellschaften jederzeit Informationen abrufbar. Dies sei dem Kläger vor Ort gerade nicht möglich gewesen.
Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit könne der Kläger allerdings nicht beanspruchen, da er nicht schlüssig dargelegt habe, dass die Urlaubszeit tatsächlich für ihn nutzlos war, das heißt, ob er den mit dem Urlaub verfolgten Erholungszweck nicht anderweitig erreichen konnte.
Das beklagte Reisebüro hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Die zuständige Zivilkammer des Landgerichts München I hat sich der Begründung des amtsgerichtlichen Urteils in vollem Umfang angeschlossen. Nach entsprechendem Hinweis der Zivilkammer hat das Reisebüro die Berufung zurückgenommen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.04.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des AG München vom 28.07.2003
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