21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil03.02.2011

AG München: Genaues Lesen der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen eines Versi­che­rungs­ver­trages zumutbarInhalt eines Vertrages im Geschäftsleben in der Regel immer von Bedingungen der AGBs, nicht von Aussagen der Werbeprospekten abhängig

Der verständige Verbraucher muss damit rechnen, dass in den allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen Versprechungen eines Werbeprospekts konkretisiert und eventuell auch abgeschwächt werden. Auch wenn diese mühsam zu lesen sind, ist deren Lektüre zumutbar. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall schloss die spätere Klägerin Anfang 2009 mit einer Versicherung einen Kranken­ver­si­che­rungs­vertrag. In dem Prospekt, den sie vor Abschluss des Vertrages bekam, hieß es: „Attraktive Beitrags­rü­ck­er­stattung! Leistungs­freiheit bedeutet bares Geld für Sie. Sie erhalten drei Monatsbeiträge bereits nach dem ersten leistungsfreien Jahr.“

Beitrags­rü­ck­er­stattung wird gemäß AGBs vom Versicherer jährlich festgelegt

In den allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen des Vertrages selbst wurde vereinbart, dass die Beitrags­rü­ck­er­stattung vom Versicherer jährlich festgelegt wird. Dabei werde entschieden, welche Tarife an der Rückerstattung teilnehmen und in welcher Höhe. Auch die Verwendung von Beträgen aus der Rückstellung für Beitrags­rü­ck­er­stattung zur Beitragssenkung, Abwendung und Milderung von Beitrags­er­hö­hungen werde jährlich vom Versicherer festgelegt.

Versicherung verweigert Ausbezahlung der Beitrags­rü­ck­er­stattung mit Hinweis auf die Finanzkrise

Die Versicherte nahm 2009 keine Leistungen der Versicherung in Anspruch. 2010 wurde ihr mitgeteilt, dass für das Jahr 2009 keine Beitrags­rü­ck­er­stattung ausbezahlt werde. Begründet wurde dies mit der Finanzkrise. Das wollte die Versi­che­rungs­nehmerin nicht hinnehmen. Sie berief sich auf die Zusicherung im Werbeprospekt und darauf, dass sie sich nur wegen der angekündigten Beitrags­rü­ck­er­stattung für einen Wechsel von ihrer bisherigen Krankenkasse zu dem jetzigen Versi­che­rungs­un­ter­nehmen entschieden habe. Die Kranken­ver­si­cherung verwies auf den Vertrag und weigerte sich zu zahlen.

Amtsgericht München weist Klage auf Ausbezahlung der Beitrags­rü­ck­er­stattung ab

Darauf erhob die Kundin Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Der geschlossene Versi­che­rungs­vertrag regele eindeutig, dass die Beitrags­rü­ck­er­stattung von der entsprechenden Festlegung durch die Versicherung abhängig gemacht werde.

Vertrags­be­din­gungen waren nicht versteckt oder überraschend

Die Klägerin habe als verständige Verbraucherin auch damit rechnen müssen, dass in den allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen Aussagen aus einem Werbeprospekt konkretisiert und auch abgeschwächt werden. Die Vertrags­be­din­gungen seien vorliegend auch nicht versteckt oder überraschend.

Prospekt wies eindeutig auf AGBs als Grundlage für Versi­che­rungs­schutz hin

Es möge durchaus sein, dass die Klägerin sich auf Grund der Werbung zu einem Wechsel entschieden habe, weil sie davon ausging, dass sie auf jeden Fall mit einer Beitrags­rü­ck­er­stattung rechnen könne. Es hätte ihr aber klar sein müssen, dass sich der genaue Inhalt des Vertrages – wie generell im Geschäftsleben – nicht nach einem Werbeprospekt richte, sondern nach den Bedingungen des Vertrages. Dazu komme, dass auch im Prospekt bereits darauf hingewiesen wurde, dass Grundlage für den Versi­che­rungs­schutz die allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, also gerade nicht die Aussagen des Prospekts, seien.

Lesen gesamter Versi­che­rungs­be­din­gungen zumutbar

Es sei einem Vertragspartner auch zuzumuten, sich über Details des Vertrages durch Durchlesen desselben zu informieren. Daran ändere auch der Umfang des Vertragswerkes nichts. Es sei zuzugeben, dass die Versi­che­rungs­be­din­gungen mühselig zu lesen seien. Dies sei aber bei einer Versicherung, die mit zahlreichen Rechten und Pflichten verbunden sei, nicht verwunderlich.

Aus dem Werbeprospekt ergebe sich ebenfalls kein Anspruch. Dieser sei kein bindendes Vertragsangebot, sondern diene nur der Anbahnung eines solchen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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