18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.
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Amtsgericht München Urteil29.09.2011

EC-Karten-Diebstahl: Bank haftet nicht bei Verwendung der Karte mit korrekter PIN unmittelbar nach DiebstahlErster Anschein spricht für Aufbewahrung der Karte zusammen mit PIN

Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer EC-Karte unter Verwendung dieser Karte und Eingabe der richtigen PIN-Nummer an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben, spricht der erste Anschein dafür, dass der Karteninhaber die Nummer auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat. Dieser muss dann konkrete Umstände vortragen und unter Beweis stellen, die diesen Anschein erschüttern. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wurde im Februar 2010 die EC-Karte eines Ehepaars an einem Geldautomaten benutzt und damit 1.010 Euro abgehoben. Das Ehepaar selbst hatte die Karte über ein Jahr nicht verwendet. Als es die Abhebung feststellte, wandte es sich an die Bank und verlangte die Stornierung der Abbuchung. Am selben Morgen sei der Ehefrau in einem Supermarkt aus der Handtasche der Geldbeutel gestohlen worden. In diesem hätte sich auch die EC-Karte befunden. Man habe den Verlust zwar sofort gemeldet, aber die Abhebung sei noch vorher erfolgt. Weder im Geldbeutel noch auf der EC-Karte noch sonst irgendwo sei die PIN-Nummer vermerkt gewesen. Offensichtlich habe die Bank kein geeignetes Siche­rungs­system gehabt.

Bank verweigert Stornierung der Abbuchung

Die Bank weigerte sich. Auf Grund der raschen Abhebung müsse irgendwo die PIN-Nummer zu finden gewesen sein.

AG München verneint Anspruch auf Stornierung der Buchung

Das Ehepaar erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies diese jedoch ab. Ein Anspruch auf Stornierung bestehe nicht. Die Abhebung sei mittels der richtigen PIN erfolgt. Werde zeitnah nach dem Diebstahl einer EC-Karte unter Verwendung dieser Karte und Eingabe der richtigen PIN an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben, spreche grundsätzlich der erste Anschein dafür, dass der Karteninhaber die PIN auf der EC-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt habe. Die Kläger hätten keine konkreten Umstände vorgetragen und unter Beweis gestellt, die diesen ersten Anschein erschüttern könnten und aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Gesche­hens­ablaufs ergeben würde. Die Kläger konnten nicht erklären, wie ein Unbefugter Kenntnis von der PIN erlangt haben sollte beziehungsweise dass ein Ausspähen in örtlicher und zeitlicher Nähe vor der Abhebung erfolgt sei. Insbesondere da die Karte seit über einem Jahr nicht benutzt wurde, sei dies auch ausgeschlossen.

Technische Manipulation des Siche­rungs­systems der Bank unwahr­scheinlich

Allgemeine Behauptungen, wie Zweifel an einem Siche­rungs­system bei der Bank seien spekulativ und daher nicht aussagekräftig. Auch aus den Bildern der Überwa­chungs­kamera ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine technische Manipulation.

Zusatz:

Erläuterungen
Obiges Urteil beruht auf der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs in seiner Entscheidung vom 5. Oktober 2004, die auch vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht in der Entscheidung vom 8. Dezember 2009 bestätigt wurde und stellt auch klar, dass auch nach Inkrafttreten des § 675 w Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) diese Grundsätze noch gelten.

§ 675 w BGB regelt die Frage, wer bei einer streitigen Abbuchung nachweisen muss, dass eine Autorisierung der Abbuchung erfolgte und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht und nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Dies ist im Regelfall der Zahlungs­dienst­leister, also die Bank. Trotzdem gilt auch hier der Anscheinsbeweis nach den oben genannten Grundsätzen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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