23.11.2024
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Amtsgericht München Urteil12.08.2015

Terrorgefahr in Ländern des arabischen Frühlings rechtfertigt keinen Reiserücktritt wegen höherer GewaltEbola Epidemie und Gefahren durch terroristische Anschläge waren bereits zum Zeitpunkt der Reisebuchung bekannt

Die allgemein bekannte Terrorgefahr in den Ländern des arabischen Frühlings rechtfertigt in der Regel nicht einen Reiserücktritt wegen höherer Gewalt. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall buchte ein Ehepaar aus Nürnberg bei einem Münchner Reiseveranstalter eine Rundreise nach Marokko mit den Zielen Rabat, Marrakesch und Casablanca in der Zeit vom 15. bis 22. April 2015. Mit Schreiben vom 17. November 2014 trat das Ehepaar von der Reise zurück wegen der gesamt­po­li­tischen Lage. Diese habe sich in der Zeit von Juni 2014, als die Reise gebucht wurde, bis zum Reiserücktritt im November 2014 wegen der dramatischen und nicht vorhersehbaren Terroraktionen verändert. Zudem bestehe eine zunehmende Gefahr, dass die Ebola Epidemie auch auf Marokko übergreife. Außerdem bestehe eine Berechtigung zum Rücktritt von der Reise, da der Veranstalter das Ehepaar weder vor noch bei der Reisebuchung weder mündlich noch schriftlich in Form einer allgemeinen oder konkreten Reisewarnung informiert habe.

Kläger hält vom Reise­ver­an­stalter in Rechnung gestellte Stornogebühr für unzulässig

Der Reise­ver­an­stalter berechnete eine Stornogebühr von 20 Prozent des Reisepreises und verrechnete die Anzahlung in Höhe von 435,20 Euro mit der Stornogebühr. Mit der Klage fordert das Ehepaar die Anzahlung in Höhe von 20 Prozent des Reisepreises zurück. Es ist der Meinung, dass es zur Kündigung wegen höherer Gewalt berechtigt ist und keine Stornogebühr zu zahlen ist.

Konkrete Gefährdungslage am Reiseziel lag nicht vor

Das Reise­un­ter­nehmen vertritt die Ansicht, dass Marokko, wie auch andere weitere Urlaubsländer, zum Beispiel die Türkei, seit dem sogenannten arabischen Frühling im Frühjahr 2011 immer wieder allgemein anschlags­ge­fährdet gewesen seien. Eine konkrete Gefährdungslage habe nicht vorgelegen.

Gefahren im Zusammenhang mit Ebola Epidemie waren bereits zum Zeitpunkt der Reisebuchung gegeben

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München wies die Klage ab und gab damit dem Reise­ver­an­stalter Recht. Die Ebola Epidemie in Westafrika grassiere dort bereits seit Sommer 2014, eine Weiter­ver­breitung in angrenzende afrikanische Länder sei nicht ausgeschlossen gewesen und die Situation sei insoweit im November 2014 nicht wesentlich schlechter gewesen als im Zeitpunkt der Reisebuchung im Sommer 2014.

Vortrag der Kläger zur Begründung einer konkreten Gefahr unmittelbar bevorstehender Tourismus gefährdender Zustände nicht ausreichend

Die erhöhte Gefahr terroristischer Anschläge mit islamistischem Hintergrund habe in sämtlichen nordafri­ka­nischen Ländern seit dem sogenannten arabischen Frühling 2011 und der zunehmenden Desta­bi­li­sierung Libyens bestanden. Insoweit handelte es sich um eine Problematik, die nicht nur auf der Seite des Auswärtigen Amtes den entsprechenden Sicher­heits­hin­weisen, sondern auch den aktuellen Presse­ver­öf­fent­li­chungen und den Berich­t­er­stat­tungen im Fernsehen und Rundfunk entnehmbar war, entschied das Gericht. "Höhere Gewalt" sei ein von außen kommendes Ereignis, das in keinem betrieblichen Zusammenhang zum Reise­ver­an­stalter steht, zum Beispiel Epidemien, Natur­ka­ta­s­trophen, der Fall Tschernobyl oder bürger­kriegs­ähnliche Zustände in einem Land. Hiervon abzugrenzen sei das allgemeine Lebensrisiko, das heißt allgemeine politische Krisen, die schon seit Längerem bestehen und die die Durchführung der konkreten Reise nicht verhindern. Der Vortrag des Ehepaares sei nur pauschal und genüge nicht, eine konkrete Gefahr unmittelbar bevorstehender bürger­kriegs­ähn­licher oder speziell den Tourismus gefährdender Zustände zu begründen. Insoweit sei zwar der Klagepartei Recht zu geben, dass sich die Sicherheitslage insbesondere durch den IS-Terrorismus möglicherweise verschlechtert hat wie den weltweiten Sicher­heits­hin­weisen des Auswärtigen Amtes zu entnehmen sei. Dies gelte jedoch nicht nur für Marokko, sondern auch für eine ganze Reihe anderer Länder, auch für Europa, so das Gericht weiter.

Keine Verletzung der Aufklä­rungs­pflicht seitens des Reise­ver­an­stalters

Das Gericht sieht keine Verletzung einer Aufklä­rungs­pflicht auf Seiten des Reise­ver­an­stalters. Eine derartige Aufklä­rungs­pflicht scheide aus, da zum einen nicht sicher beurteilt werden könne, wie sich die konkrete Sicherheitslage in diesen Ländern entwickelt und zum anderen der Reise­ver­an­stalter gegenüber den zuständigen staatlichen Stellen weitaus weniger kompetent hinsichtlich der Einschätzung der Sicherheitslage sei.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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