18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Amtsgericht München Urteil18.10.2018

Von Unternehmer zur privaten Nutzung gekauftes Fahrzeug unterliegt der vollen gesetzlichen GewährleistungAG München zum Gewähr­leistungs­aus­schluss bei Mängeln beim Autokauf

Kauft ein Unternehmer von einem anderen Unternehmer ein Fahrzeug nicht für seine Firma, sondern für den privaten Gebrauch, unterliegt das Fahrzeug der vollen gesetzlichen Gewährleistung. Dies entschied das Amtsgericht München.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls kaufte im Januar 2018 vom Beklagten in München unter Inzahlunggabe eines Smart einen rund acht Jahre alten Fiat 500 mit Tachostand 73.000 km für 5.100 Euro. Der vorgedruckte Kaufvertrag wurde vom Beklagten ausgefüllt, wobei dieser den Unterpunkt "Geschäft unter Händlern ohne Gewährleistung" ankreuzte. Der Vertrag wurde von beiden unterschrieben. Der Kläger fuhr nach Abschluss des Kaufvertrages mit dem Fahrzeug nach Hause. Bereits bei der Rückfahrt bemerkte der Kläger kurz vor Ulm, dass das Fahrzeug nicht mehr "zog" und rüttelte. Nach einem kurzen Stopp auf dem Seitenstreifen leuchtet die Warnleuchte. Der Kläger verbrachte das Fahrzeug sofort zu einer Fiat-Werkstatt, die wie auch der im selbständigen Beweisverfahren elf Monate später eingeschaltete Sachverständige einen Defekt an der Lamdasonde und einem Heckklap­pen­dämpfer feststellte, sowie dass beide Seitenschweller eingedrückt waren und das Fahrzeug einen nicht fachgerecht reparierten Unfallschaden hatte. Der Beklagte kam der Aufforderung des Klägers nicht nach, diese Mängel zu beheben und Ersatz für die Wertminderung durch den verschwiegenen Unfallschaden zu zahlen.

Beklagter beruft sich auf vereinbarten Gewähr­leis­tungs­aus­schluss

Der Beklagte behauptete, dass der Kläger ein Geschäft mit zehn Filialen und zwölf Firmenwägen führe. Von daher sei der schriftlich unter Unternehmern vereinbarte Gewährleistungsausschluss wirksam. Sowohl der Unfallschaden als auch der defekte Heckklap­pen­dämpfer seien dem Kläger bei Übergabe bekannt gewesen. Die für Verbrau­cher­ge­schäfte gesetzliche Rückwir­kungs­fiktion würde nicht greifen, da das Fahrzeug bis Ulm noch gefahren sei.

Kläger verweist auf ausschließliche private Nutzung des Fahrzeugs

Der Kläger trug vor, dass er das Fahrzeug nicht für sein Ein-Mann-Elektro­ni­k­un­ter­nehmen, sondern als normaler Verbraucher für seine Frau gekauft habe. Diese gab als Zeugin an, dass der Fiat den von ihr bisher genutzten Smart habe ersetzen sollen. Ihr Mann nutze einen Mercedes als Firmenwagen. Damit läge ein Kauf eines Verbrauchers von einem Unternehmer vor, bei dem der Ausschluss von Gewähr­leis­tungs­rechten gesetzlich ausgeschlossen ist.

Klage erfolgreich

Das Amtsgericht München gab dem Kläger Recht. Die Behauptung, der Kläger sei Inhaber eines Paketdienstes und besitze über zehn Fahrzeuge, sei offensichtlich ins Blaue hinein erfolgt. Darüber hinaus habe die durchgeführte Beweisaufnahme für das Gericht eindeutig ergeben, dass nach dem vom Kläger objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorlag. Das Gericht halte es daher für nachvollziehbar und glaubwürdig, dass der Kläger, wie von ihm vorgetragen, den Vertrags­passusus bei Unterzeichnung schlicht übersehen habe.

Fahrzeugmängel waren bei Verkauf bereits zweifelsfrei vorhanden

Aufgrund des im selbständigen Beweis­ver­fahrens eingeholten Gutachtens des Sachver­ständigen stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug Mängel aufgewiesen habe. Diese Mängel seien bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen. Gemäß § 476 BGB werde vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung sei mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass das Fahrzeug bereits auf dem Nachhauseweg nach Kaufver­trags­ab­schluss nicht mehr zog und rüttelte, die Warnleuchte aufleuchtete und noch am Tag des Kaufes von dem Fiat-Werkstatt­meister untersucht worden sei, der eben diese Schäden festgestellt habe. Es wäre daher Sache des Beklagten gewesen, zu beweisen, dass das streit­ge­gen­ständliche Fahrzeug die Mängel bei Gefahrübergang noch nicht aufgewiesen hatte. Einen dahingehenden Beweis habe der Beklagte aber nicht angetreten.

Kläger kann Schadensersatz von rund 4.000 Euro verlangen

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachver­ständigen sei die technische Wertminderung für den Unfallschaden vorne links mit einem Betrag in Höhe von 400 Euro anzusetzen. Die Reparaturkosten für die Lamdasonde betrugen 129,84 Euro netto, für den Heckklap­pen­dämpfer 41,04 Euro netto und für beide Seitenschweller 3.529,41 Euro netto. Insgesamt könne der Kläger vom Beklagten daher im Wege des Schaden­s­er­satzes 4.100,29 Euro verlangen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm/kg)

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