18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Amtsgericht München Urteil01.12.2009

Übelkeit im Taxi: Eltern haften nicht für ihre KinderHaftung setzt Verletzung der Aufsichts­pflicht und Vorher­seh­barkeit des schädigenden Verhaltens voraus

Erbricht sich ein Kind in einem Taxi und verunreinigt dieses dadurch, haften die Eltern nur dann, wenn sie die Übelkeit ihres Kindes erkennen konnten und trotzdem nichts unternehmen, die Verunreinigung zu vermeiden. Eine Gefähr­dungs­haftung für Kinder gibt es ansonsten nicht. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall fuhr ein Ehepaar im März 2009 mit seiner 9-jährigen Tochter mit dem Taxi nach Hause. Kurz nach Fahrtantritt sagte die Mutter dem Taxifahrer, dass es der Tochter nunmehr sehr schlecht ginge und der Fahrer anhalten solle. Noch bevor dieser das Fahrzeug zum Stehen bringen konnte, das Taxi befuhr gerade den Mittleren Ring, erbrach sich das Kind und verunreinigte hierdurch das Taxi im Bereich der Rückenlehne des Vordersitzes, der Mittellehne und des Gurtschlosses.

Sachverhalt

Das Taxi musste gereinigt werden. Die Reini­gungs­kosten betrugen 190,- Euro. Während der Reinigung musste der Taxifahrer ein Ersatztaxi anmieten, um weiterarbeiten zu können. Dafür fielen 800,- Euro an. Das Taxiunternehmen, bei dem der Fahrer angestellt war, verlangte nun von der Mutter den Ersatz der Kosten. Schließlich habe sie erkennen können, dass es ihrem Kind schlecht ging und sie habe nichts unternommen. Diese weigerte sich jedoch. Das Erbrechen sei so plötzlich gekommen, dass sie die Verunreinigung nicht habe verhindern können. Die Tochter habe im Vorfeld nur über Müdigkeit und Halsschmerzen geklagt.

Gericht legt Streitparteien gütliche Einigung nahe

Der Fall kam vor das Amtsgericht München. Der zuständige Richter versuchte zunächst, den Streit gütlich beizulegen. Er wies die Parteien darauf hin, dass wohl keine Anspruchs­grundlage für die Haftung der Mutter bestehe. Aber unter menschlichen Gesichtspunkten wäre es sehr vernünftig, wenn diese die Reini­gungs­kosten übernehme. Es wäre eigentlich fair, wenn nicht der Taxifahrer das Risiko der Erkrankung der Tochter tragen müsse, sondern die Eltern. Dies wies die Beklagte aber weit von sich.

Kein Schaden­s­er­satz­an­spruch, da Taxifahrer Verschulden der Mutter nicht nachweisen kann

Im Endurteil wurde die Klage letztlich abgewiesen. Ein Schaden­er­satz­an­spruch sei zu verneinen. Da es eine Gefährdungshaftung für Kinder nicht gebe, komme ein solcher nur in Betracht, wenn die Mutter eine allgemeine oder vertragliche Sorgfalts­pflicht verletzt hätte. Dies setze aber im konkreten Fall voraus, dass es für die Mutter erkennbar gewesen wäre, dass sich ihre Tochter erbrechen würde. Dies könne der Taxifahrer aber nicht beweisen. Nach den geschilderten Umständen sei das Erbrechen der Tochter plötzlich und unerwartet eingetreten, ein Verschulden der Mutter liege daher nicht vor. Das Urteil ist rechtskräftig.

Eine „Gefähr­dungs­haftung“ gibt es nicht

Eltern haften nicht immer für ihre minderjährigen Kinder. Eine „Gefähr­dungs­haftung“ gibt es nicht. Eine Haftung kommt zum einen in Betracht, wenn die Aufsichts­pflicht verletzt wurde. Hier ist auf das Alter, die Eigenart und den Charakter des Kindes abzustellen. Die Haftung setzt auch die Vorher­seh­barkeit des schädigenden Verhaltens voraus. Eine Haftung kann sich auch aus vertraglichen Pflichten ergeben. Steigt man in ein Taxi, schließt man einen Beför­de­rungs­vertrag und hat natürlich alles zu tun, das Fahrzeug nicht zu beschädigen. Solche Pflicht­ver­let­zungen setzen aber Verschulden voraus. Grundlage für das Verschulden ist ebenfalls die Erkennbarkeit des Schaden­ein­tritts.

Quelle: ra-online, Amtsgericht München

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