21.11.2024
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Amtsgericht Hamburg-Mitte Urteil19.07.2012

Bezeichnung als "arme Sau" in einem Interview verletzt nicht das allgemeine Persön­lich­keitsrechtUnter­las­sungs­an­spruch besteht nicht - Ebenso kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten

Wird eine Person des öffentlichen Lebens in einem Interview als "arme Sau" bezeichnet, so wird dadurch nicht das allgemeine Persön­lich­keitsrecht verletzt. Dem Verletzten steht kein Anspruch auf Unterlassung und damit kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall erschien in der Zeitschrift "stern" (42/2008) ein Bericht zu den persönlichen Krisen des Musikers Dieter Bohlen. In dem Bericht kam ein ehemaliger Musikerkollege zu Wort, der auf Grundlage eines persönlichen Telefon­ge­sprächs mit der Person unter anderem Folgendes äußerte: "Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau - und das weiß er auch.". Die so titulierte Person sah in der Aussage eine Verletzung seines allgemeinen Persön­lich­keits­rechts und mahnte den hinter der Zeitschrift stehenden Verlag ab. Der Verlag gab zwar eine strafbewehrte Unter­las­sungs­er­klärung ab, weigerte sich aber die durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe von etwa 1.000 € zu zahlen. Daraufhin klagte der Verletzte.

Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bestand nicht

Das Amtsgericht Hamburg entschied gegen den Kläger. Ihm habe kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zugestanden. Denn dazu müsste ihm ein Unterlassungsanspruch zugestanden haben. Ein solcher Anspruch habe sich aber nicht aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog ergeben.

Allgemeines Persön­lich­keitsrecht wurde nicht verletzt

Nach Ansicht des Amtsgerichts habe die Aussage im Interview den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt. Denn bei der Aussage habe es sich um eine zulässige Meinung­s­äu­ßerung gehandelt. Der zitierte Musikerkollege habe sich erkennbar rein wertend über die Persönlichkeit des Klägers geäußert.

Schmähkritik lag nicht vor

Die Bezeichnung als "arme Sau" sei auch nicht als eine Schmähkritik anzusehen, so das Amtsgericht weiter. Eine Schmähung habe nicht im Vordergrund gestanden. Es habe sich nicht um eine Äußerung gehandelt, die den Angriff auf eine Person bezwecke, sondern der sachbezogenen Kritik gedient. Zu berücksichtigen sei gewesen, dass die Redewendung "arme Sau" umgangs­sprachlich eine bemit­lei­denswerte Person bezeichne. Eine Vergleich­barkeit mit der Titulierung als "Schwein" oder "Sau" sei nicht gegeben gewesen. Darüber hinaus lasse die Bezeichnung auch nicht jeden Sachbezug vermissen, da es in dem Bericht um die Darstellung der Diskrepanz zwischen medialer Selbst­dar­stellung und tatsächlichem Gemütszustand des Klägers gegangen sei.

Kein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre

Der Umstand, dass durch die Aussage des Musikerkollegen der Inhalt eines privaten Telefon­ge­sprächs wiedergegeben wurde, habe nicht dazu geführt, dass ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers vorgelegen habe. Zu beachten sei nämlich gewesen, dass sich der Kläger in der Vergangenheit ausführlich zu seiner Gemütslage und seiner "schwächeren Seite" geäußert habe. Wer sich aber in der Öffentlichkeit präsentiere, könne die Respektierung eines Geheim­hal­tungs­willens in geringerem Maße fordern, als derjenige, der grundsätzlich gegen jede Veröf­fent­lichung privater Aspekte seines Lebens vorgehe.

Quelle: Amtsgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

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