18.10.2024
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Amtsgericht Frankfurt am Main Urteil01.02.2010

Filesharing: 100-Euro-Grenze für Abmah­nungs­ge­bühren gilt auch für Tauschbörsen-Fälle§ 97 a UrhG ist auch auf urheber­rechtliche Abmahnungen von Filesharern anwendbar

Wer wegen der Teilnahme an Musik-Tauschbörsen (sogenanntes Filesharing) rechtmäßig anwaltlich abgemahnt wird, muss die Rechts­an­walts­ge­bühren bezahlen. Die von den Musik­un­ter­nehmen - den Rechteinhabern - beauftragten Anwalts­kanzleien berechnen in der Regel die streit­wert­ab­hängigen Gebühren, wobei schnell Summen von 600 Euro erreicht werden. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat diese Abmahngebühren erstmals auf 100 Euro begrenzt. Es hat entschieden, dass § 97 a UrhG (Gesetz über Urheberrecht und verwandte Rechte) auch auf Abmahnfälle im Bereich des Filesharing anwendbar ist.

Damit wies das Gericht die Zahlungsklage einer Anwaltskanzlei, die für ein von ihr vertretenes Musik­un­ter­nehmen die für die Abmahnung ihrer Meinung nach entstandenen Rechtsanwaltsgebühren eingeklagt hatte, weitgehend ab. Von den beantragten 651,80 Euro sprach das Gericht lediglich 100 Euro für Rechts­an­walts­ge­bühren zu.

Abmahnkosten in einfachen Fällen auf 100 Euro begrenzt

Die Höhe der Abmahnkosten sei lediglich in Höhe von 100 Euro begründet, da insoweit § 97 a Absatz 2 UrhG einschlägig sei. Dieser normiert, dass für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechts­ver­letzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstat­tungs­fähigen Aufwendungen auf 100 Euro beschränkt sind.

Die vier Voraussetzungen des § 97 a UrhG können auch im Filesharing erfüllt sein

Nach Auffassung des Gerichts lagen diese vier Voraussetzungen im zu entscheidenden Fall vor: Der beklagte Filesharer habe bislang keine identischen oder in ihrem Kern wesentlichen gleich gelagerten Verlet­zungs­hand­lungen im Verhältnis zum Kläger begangen. Auch die rechtliche Bewertung werfe keine Schwierigkeit mehr auf, da inzwischen hinsichtlich der Frage der Erstat­tungs­fä­higkeit von Abmahnkosten in vergleichbaren Fällen auf eine umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung zurückgegriffen werden könne.

Recher­che­aufwand ist in Filesharing-Fällen wegen Auskunfts­an­spruch aus § 101 UrhG stark vereinfacht

Auch der von den Rechtsanwälten behauptete Recher­che­aufwand stehe der Annahme eines "einfach gelagerten Falls" nicht entgegen. Denn der Recher­cher­aufwand sei durch den Auskunftsanspruch aus § 101 UrhG mittlerweile stark vereinfacht. Allein die Tatsache, dass der Gestat­tungs­antrag über das Gericht zu stellen sei, mache den Vorgang nicht zu einem "rechtlich" Schwierigen.

Abmahnanwälte haben aufgrund vorformulierter Schreiben wenig Arbeit - größerer Aufwand muss im Einzelfall nachgewiesen werden

Schließlich können die Abmahnenden regelmäßig auf vorformulierte Schreiben zurückgreifen, da die rechtliche Bewertung unabhängig von der Art des angebotenen Werks sei. Es müssen lediglich der Abgemahnte, das konkrete Werk, die Höhe der Kosten und die Nachweise eingefügt werden, was keines großen Aufwands mehr bedürfe. Das Gericht stellte aber klar, dass die Anwendung des § 97 a UrhG im Einzelfall ausgeschlossen sein kann, wenn ein erhöhter Aufwand für die Recherche erforderlich ist. Dafür trägt der Kläger aber die Darlegungs- und Beweislast.

Einmalige Rechts­ver­letzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs ...

Das Gericht bejahte schließlich auch die in § 97 a UrhG geforderte "Unerheblichkeit" der Rechts­ver­letzung. Zwar sei im Gesetz­ge­bungs­prozess als Beispiel für unerhebliche Rechts­ver­letzung die Tauschbörse nicht explizit genannt worden. Als Beispiele wurden das öffentliche Zugäng­lich­machen eines Stadt­pla­naus­schnitts auf einer privaten Homepage, eines Liedtextes auf einer privaten Homepage bzw. die Verwendung eines geschützten Bildes genannt. Die Aufzählung habe aber nur beispielhaften Charakter. Die Geset­zes­be­gründung verweise ausdrücklich auf den Einzelfall, da nicht alle sämtlichen einschlägigen Sachverhalte genannt werden konnten.

... ist eine unerhebliche Rechts­ver­letzung im Sinne des § 97 a UrhG

Allen Beispielen sei aber gemein, dass es sich um eine einmalige Rechts­ver­letzung durch das Zugäng­lich­machen eines einzelnen Werks handele. So liege der Fall auch hier. Das Anbieten der Musikdatei sei auch außerhalb des geschäftlichen Verkehrs erfolgt. Dies zeige die Tatsache, dass die Datei nicht so angeboten wurde, wie man es von einem gewerblich Handelnden erwarten würde (z.B. Vielzahl von Verbrei­tungs­hand­lungen oder die Absicht, Einnahmen zu erzielen).

Quelle: ra-online, Amtsgericht Frankfurt am Main (vt/we)

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